Drinnen Weihnachtsfeier, draußen Protest: 40.000 Beamte auf der Straße

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Die Beamten demonstrierten am Wiener Ballhausplatz für höhere Gehälter und übten Druck auf den neuen Beamtenminister Josef Ostermayer aus.

Wien. Draußen vor dem Bundeskanzleramt pfeifen rund 40.0000 Demonstranten in die Trillerpfeifen. Drinnen lädt Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeitgleich zur Weihnachtsfeier. Dieser stattet auch Josef Ostermayer (SPÖ) einen kurzen Besuch ab – obwohl die Demonstranten vor den Türen gegen die Pläne des Beamtenministeriums und damit gegen sein neues Ressort auf der Straße protestieren.

Ob Ostermayer das beeindruckt hat? „Wer davon nicht beeindruckt ist, der hat kein Herz“, ruft Fritz Neugebauer, der Vorsitzende der Beamtengewerkschaft, der Masse von der riesigen Bühne, die nur wenige Meter vor dem Kanzleramt steht, entgegen. Und fordert die Regierung sogleich auf, das Angebot in den stockenden Gehaltsverhandlungen ordentlich nachzubessern. Die von der Regierung in Aussicht gestellte Gehaltserhöhung von 1,7 Prozent – bei gleichzeitigem Verzicht auf jeweils ein Prozent Erhöhung in den kommenden Jahren – sei nicht akzeptabel. „Ein Zweier vor dem Komma muss auf alle Fälle vorn stehen“, so Neugebauer.



Von einem Streik will er (noch) nicht sprechen. „Für sinnvolle Reformen stehen wir zur Verfügung“, sagt der Beamtenboss. Aber: „Reform ist heute eine Drohung geworden“, man würde sich inzwischen dabei als Erstes besorgt an die Brieftasche greifen.

Damit trifft Neugebauer einen Nerv. Egal, ob Schulwarte, Polizisten, Beamte aus den Ministerien, Kindergartenpädagogen oder Ärzte: Alle Angereisten fordern auf ihren Plakaten bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. „Faire Löhne für erstklassige Arbeit“, steht da etwa geschrieben. Oder: „Wenn Politik und Management versagen, sollen wir die Kosten tragen.“
Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, Christian Meidlinger, schlägt in dieselbe Kerbe: „Wir wollen, dass sich die Wertschätzung auch auf dem Lohnzettel wiederfindet“, ruft er ins Mikrofon.

Für Unmut unter den Demonstranten sorgt auch, dass sich die Regierung selbst am Dienstag eine Gehaltserhöhung von 1,6 Prozent gewährt hat. „Politikerbezüge + 1,6 %! Und wir?“, ist auf Transparenten zu lesen.

Lehrer sammeln erneut Unterschriften

Eines zeigt sich bei der Großdemonstration deutlich: Der neue Beamtenminister steht gleich zu Beginn seiner Amtsperiode vor einer großen Herausforderung, denn die Stimmung im öffentlichen Dienst ist mehr als aufgeladen. Ostermayer soll die Wogen nun wieder glätten. Eine Aufgabe, die ihm prinzipiell liegen müsste. Er war schon des Öfteren Faymanns Mann für das Brenzlige. Ohne den damaligen Staatssekretär und nunmehrigen Minister wäre die Einigung bei den Ortstafeln wohl nie zustande gekommen. Auch bei der Inseratenaffäre, bei der Bundeskanzler Faymann im Mittelpunkt stand, trat Ostermayer als Schutzschild auf.

Nun hat er es aber mit einer durchaus großen und schlagkräftigen Gruppe zu tun. Insgesamt geht es nämlich um die Bezüge von rund 340.000 Bediensteten in Bund, Ländern und Gemeinden. Und dass diese mobilisieren können, haben sie gestern, Mittwoch, gezeigt. Ein großer Teil der 40.000 Demonstranten reist aus den restlichen Bundesländern nach Wien an. Insgesamt blockieren 228 Busse den Wiener Ring.

Unter den Demonstranten sind auch viele Lehrer. Als Neugebauer den einen Tag zuvor getroffenen Beschluss des neuen Dienstrechts kritisiert, werden die Pfiffe und Buhrufe besonders laut. Die Lehrer haben die Demonstration auch dazu genutzt, um Unterschriften für eine Bürgerinitiative zu sammeln. Die für die Behandlung im Parlament nötigen 500 Unterstützer haben sie schon beisammen.

Um 15.30 – nach eineinhalb Stunden – ist alles schon wieder vorbei. Die Demonstranten sind sich aber einig: „Wenn das nichts genützt hat, dann wissen wir auch nicht weiter.“ Vielleicht hilft ja Herr Ostermayer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2013)

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