Akademikerball: Start mit Pannen

WIEN: DEMONSTRATION GEGEN DEN AKADEMIKERBALL DER FPOe
WIEN: DEMONSTRATION GEGEN DEN AKADEMIKERBALL DER FPOeAPA/HERBERT P. OCZERET
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Drei Wochen vor dem „Akademikerball“ in der Hofburg wärmen sich die Gegner am falschen Ort auf. Und die Veranstalter mussten mit einem Widerruf ins Jahr starten.

Wien. Es war eine überschaubare Gruppe, die sich da Freitagvormittag vor dem Ruefa-Büro auf dem Stephansplatz traf. Und, es war wohl einer der seltenen Fälle, in denen die Veranstalter darüber im Nachhinein wohl gar nicht so unglücklich waren – stand die Gruppe doch am falschen Ort. Aber, von Anfang an: „Walk of Shame“ nennt die Plattform „Jetzt Zeichen setzen“ ihre Kundgebungsreihe. Dutzende Vereine und Organisationen, von den Wiener Grünen und der Sozialistischen Jugend bis zur Israelitischen Kultusgemeinde und der Katholischen Aktion haben sich dafür zusammengetan.
Gemeinsam protestieren die Gruppen vor den Mitgliedsbetrieben der Hofburg Betreibergesellschaft – schließlich steht sie hinter der Vergabe der Hofburg für Bälle. Und damit auch für den Akademikerball, den Ball der Wiener Burschenschaften, der am 24. Jänner hier abgehalten wird. Dass jene Gruppe hier feiern darf, stört die Protestierenden. Und so veranstaltet man im Vorfeld kleine Kundgebungen wie diese, ehe es am Abend des Balls zum großen Protest kommen wird.

Wechsel in Hofburg-GesmbH

Bloß, das Ruefa-Büro auf dem Stephansplatz ist dafür mittlerweile der falsche Ort – und nachdem die Filialleiterin das den Demonstranten erklärt hat, ziehen sie auch langsam wieder ab. Zur Erklärung: Ruefa gehört so wie die Austria Trend Hotels zur Verkehrsbüro-Gruppe. Diese hat sich allerdings 2013 bereits aus der Hofburg-Gesellschaft zurückgezogen. Dafür sind die Austria Hotels (Gerstner-Gruppe) in der Gruppe vertreten – und dieser kleine Namensunterschied ist den Organisatoren der Veranstaltung entgangen. Immerhin, man verkauft es als Erfolg der vorangegangenen Proteste, dass sich die Verkehrsbüro-Gruppe von der Hofburg distanziert hat.
Offiziell hat der Rückzug der Austria Trend Hotels freilich andere Gründe: Der Konzern habe seine 12,5 Prozent an der „Wiener Kongresszentrum Hofburg BetriebsgesmbH im April 2013 aus strategischen, geschäftlichen Gründen“ verkauft, sagt Verkehrsbüro-Sprecherin Birgit Reitbauer. Mit dem Ball habe das „eigentlich“ nichts zu tun. Und doch ist man im Konzern erleichtert, an den jährlichen Debatten um den Ball nun nicht mehr teilnehmen zu müssen.

Rund ein Jahr zuvor haben auch die Casinos Austria ihren Anteil an der Hofburg-Gesellschaft verkauft. Sie hatten sich lange vehement gegen den WKR-Ball ausgesprochen, auf ihren Druck hieß es, der WKR-Ball 2012 werde der letzte sein. Allein, um in der Hofburg bleiben zu dürfen, benannten die Veranstalter den WKR-Ball zum Akademikerball um. Und statt des Wiener Korporationsrings tritt nun die FPÖ Wien als Veranstalter auf. Die Folge: Auch die Casinos haben mittlerweile ihre Anteile verkauft. Wegen eines „sehr guten“ Angebots, hieß es offiziell. Inoffiziell ist der WKR- oder Akademikerball aber einfach kein Thema, über das man gern spricht.
In der Hofburg-Gesellschaft „können wir das nicht kommentieren“, heißt es aus dem Büro von Geschäftsführerin Renate Danler. Der Ball finde am 24. Jänner statt, alles andere sei Sache der Veranstalter. Auch andere Tourismusbetriebe, die an der Hofburg-Gesellschaft beteiligt sind, wollen nichts sagen. Allerdings müssen sich auch die verbleibenden Betriebe auf Protestkundgebungen einstellen. Schon vorige Woche traf sich eine Gruppe der „Jetzt Zeichen setzen“-Plattform vor dem Hotel Sacher. Kommende Woche sind Kundgebungen vor dem Hotel Stephanie (Schick-Gruppe) und dem Hotel Intercontinental geplant.

In der Aufwärmrunde zu den Protesten gegen den Ball war die Kundgebung am falschen Ort aber nicht die einzige Panne. Auch die Gegenseite startet heuer kleinlaut in die Debatte. Am Neujahrstag musste die FPÖ einen Widerruf per Aussendung bringen: Man habe behauptet, die Wiener SPÖ habe „linke Gewalttäter aus dem gesamten deutschsprachigen Raum eingeladen, während des WKR-Balls zu randalieren“. Der Widerruf kam freilich nicht ganz freiwillig – die SPÖ hatte geklagt. Und die FPÖ konnte ihre Vorwürfe nicht beweisen.

Ein Ball für rechts und links

Auf dem Ball treffen sich Prominente und Vertreter des rechten bis rechtsextremen Lagers aus ganz Europa. Und mindestens so wichtig ist er für die Demonstranten – der Ball eint die zersplitterte politische Linke. Die Verfassungsschützer nennen den Ball das „zentrale Protestziel“ der linksextremen Szene, die sich einmal im Jahr mit der breiten zivilgesellschaftlichen Protestfront zusammenfindet. Auch heuer werden Busse aus den Bundesländern und aus Deutschland organisiert, um am Heldenplatz gegen den Ball zu demonstrieren.

PANNEN ZUM START DER BALL- UND PROTESTSAISON

Der Wiener Akademikerball findet heuer am 24.Jänner in der Wiener Hofburg statt. Zuvor kannte man die umstrittene Veranstaltung als WKR-Ball, als Ball des Wiener Korporationsrings, also des Zusammenschlusses der schlagenden Studentenverbindungen, der 1952 erstmals stattfand. Nach Protesten gegen die Hofburg als Veranstaltungsort wurde die Organisation 2012 von der FPÖ Wien übernommen.

Protestiert wird aber trotzdem: Am Freitag fand der „Walk of Shame“ der Plattform Zeichen setzen vor dem Ruefa-Büro am Stephansplatz statt. Dabei ist die Verkehrsbüro-Gruppe seit vorigem Jahr nicht mehr an der Hofburg-Gesellschaft beteiligt. Aber auch die Gegenseite startet die Auseinandersetzung um den Ball mit Pannen: Nach einer Klage musste die FPÖ Wien jüngst Vorwürfe gegen die SPÖ zurücknehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2014)

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