Gesamtschule löst Krise aus

Differenzen. Tirols Landeschef Platter (ÖVP) hat die offizielle Parteilinie bereits im August 2012 erstmals konterkariert. Das war nur der Anfang.

Wien. Im Schulbereich gehört es innerhalb der Volkspartei mittlerweile schon fast zum guten Ton, an der offiziellen Parteilinie zu rütteln. Nur noch wenige ÖVP-Landeschefs stehen bedingungslos hinter dem achtjährigen Gymnasium – und damit hinter Parteiobmann Michael Spindelegger. Die Befürworter einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen werden hingegen immer mehr.

Begonnen hat alles in Tirol – und zwar im August 2012. Damals ließ Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) erstmals seine Sympathien für eine Gesamtschule durchklingen. Wenig später wurde mit der Planung der ersten Modellregionen begonnen. Das stieß offensichtlich im Nachbarbundesland Vorarlberg auf Gefallen. Vorarlbergs Landeschef, Markus Wallner, war der zweite ÖVP-Landeschef, der von der offiziellen Parteilinie abwich. Doch dabei blieb es nicht. Im Juli 2013 – also kurz nachdem in Salzburg die neue Landesregierung die Arbeit aufnahm – sprach sich auch Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer, für die gemeinsame Schule aus. Fortan traten Platter, Wallner und Haslauer auch gern als „ÖVP-Westachse“ – also eine Art Gegengewicht zur zum Teil „ostlastigen“ ÖVP – auf. Es ging schon lange nicht mehr nur um das Gymnasium bzw. die Gesamtschule, sondern auch um das innerparteiliche Machtgefüge.

Dass ausgerechnet Haslauer in den Koalitionsgesprächen zum Chefverhandler für Bildung wurde, überraschte viele. So mancher vermutete dabei, dass Spindelegger selbst bereits mit der Gesamtschule liebäugelt. Das erwies sich bald als falsch: Der ÖVP-Chef kippte den von Haslauer ausverhandelten Kompromiss einer Orientierungsphase bis zu zwölf Jahren und veranlasste, dass der Begriff gemeinsame Schule im Koalitionspakt nicht einmal vorkommt. Die ÖVP-interne Debatte wurde damit nicht beendet, sondern, wie die jüngste Vergangenheit beweist, erst richtig angeheizt. (j.n.)

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