Ein Jahr nach dem Ja zur Wehrpflicht: Was bisher geschah und was noch folgt

Seit Herbst wird der Grundwehrdienst neu umgesetzt: Es gibt mehr Schießübungen, weniger Küchengehilfen und Gratisschlapfen.

Wien. Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres? Oder sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes? Vor genau einem Jahr machten 1.947.116 Österreicher ihr Kreuz neben letzterer Frage. Das waren rund 60 Prozent der Wähler. Und damit war klar: Der Grundwehrdienst bleibt.

Aber er sollte nicht unverändert bleiben. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) präsentierte im Juli 2013 zusammen mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Reform der Wehrpflicht: 180 Maßnahmen sind dafür vorgesehen. Die einen sind längst überfällig (wie die Renovierung der sanitären Anlagen), die anderen nur ein kleiner Gewinn für junge Männer (sie dürfen sich das Gewand, das sie bei der Stellung bekommen, behalten – inklusive Schlapfen). Und einige sind tatsächlich große Veränderungen für Grundwehrdiener – und für jene, die sie ausbilden.

Bis Jänner 2015 soll die Reform zur Gänze umgesetzt werden. Dann sollen junge Männer bundesweit zwischen vier Ausbildungsschienen wählen können: „Schutz und Hilfe“, wo unter anderem der Fokus auf den Schutz kritischer Infrastruktur gelegt wird. Computerspezialisten können sich auf „Cyber-Sicherheit“ spezialisieren. Wer auch nach den sechs Monaten Wehrdienst beim Militär bleiben möchte, kann die Ausbildung „Kadervorbereitung“ wählen. Und wer bereits eine Ausbildung als Koch, Küchengehilfe oder Fahrer hat, kann sich beim „Berufspraktikum“ auf diese Fähigkeiten konzentrieren.

Sandsäcke richtig füllen

Dazu kommt ein Modul, das alle besuchen müssen: Die Ausbildung im Bereich Katastrophenschutz ist Pflicht. Bei der Garde in Niederösterreich trainieren die jungen Männer bereits, wie man Sandsäcke richtig füllt und schwere Lasten bewegt. Auch das Berufspraktikum läuft bereits. Außerdem kommt noch ein Wahlpflichtmodul hinzu: Die jungen Männer müssen zwischen vermehrten Schießübungen, Sport, Erste-Hilfe- und Sprachkursen sowie einer Basisführungsausbildung (für eine mögliche Zukunft beim Heer) wählen.

Am beliebtesten ist bisher das Schießen, hier soll es zusätzliche Übungen geben. Und auch sonst will man auf die Wünsche der Rekruten eingehen: Ab diesem Jahr sollen sie dreimal während ihres Dienstes an einer Umfrage teilnehmen, in der sie Verbesserungsvorschläge formulieren können.

30 Millionen Euro im Jahr

Von einer Sache weiß man allerdings bereits ohne Umfrage, dass sie unbeliebt ist: Wehrdienst als Küchengehilfe oder als Servierkraft soll nur dann geleistet werden, wenn es unbedingt sein muss. Noch vor der Volksbefragung waren 60 Prozent der jungen Männer nicht militärisch eingesetzt. Heute, ein Jahr später, wurden bereits 14 Prozent der Betreuungshelfer gestrichen. Bis Ende des Jahres sollen es insgesamt 34 Prozent sein.

30 Millionen Euro kostet die Reform zusätzlich im Jahr. Trotz Sparzwangs sollen diese auch nicht gekürzt werden. Der Wehrdienst neu sei schließlich ein Auftrag der Österreicher, meint die Regierung. Oder zumindest der Auftrag von 1.947.116 von ihnen. (ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2014)

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