Bundesheer: „Müssen moderner, offener werden“

BUNDESHEER - FRANZ REISSNER NEUER STREITKR�FTEKOMMANDANT
BUNDESHEER - FRANZ REISSNER NEUER STREITKR�FTEKOMMANDANT(c) APA/BUNDESHEER/AIGNER REGINA (BUNDESHEER/AIGNER REGINA)
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Laut Streitkräftekommandant Franz Reißner wird das Heer drastisch unterschätzt. Zum Teil sei man selbst daran schuld. Bei den Flugstunden könne man nicht mehr sparen.

Die Presse: Das Heer muss 45Millionen Euro sparen. Haben Sie Minister Klug schon Tipps gegeben?

Franz Reißner: Das ist die Entscheidung des Ministers. Aber wir denken mit. Rasch kann man aber nur bei unmittelbaren Ausgaben sparen.

Was wäre dafür ein Beispiel?

Gebühren, die das Personal betreffen. Wie bei Übungen, so bedauerlich das wäre.

Das bedeutet aber auch weniger einsatzbereite Truppen.

Nicht für die wahrscheinlichsten Aufgaben. Trotzdem werden ambitionierte Ansprüche gestellt. Im Koalitionsprogramm ist etwa von einem Modernisierungspaket die Rede. Da klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander.

Die Modernisierung ist also mit dem Sparpaket nicht möglich.

Kaum bei Beschaffungen. Wir müssen aber aufpassen, getätigte Investitionen zu nutzen. Zum Beispiel beim Katastrophenschutz mit Hubschraubern. Das erfordert eine gewisse Anzahl von Piloten-Flugstunden, weil ein sehr komplexes System dahintersteckt. Da kann man nicht mehr sparen.

Eine Flugstunde mit Eurofightern kostet etwa bis zu 70.000 Euro.

Die Kosten setzen Sie zu hoch an. Bei den Flugstunden können wir trotzdem nicht sparen. Der Einzelpilot darf nicht weniger fliegen. Das wäre nicht verantwortbar. Das Heer muss zum Schutz der Souveränität den Luftraum überwachen.


Klug hat laut darüber nachgedacht, in Zukunft die Luftraumüberwachung abzugeben.

Sicher nicht in naher Zukunft. Es ist eher ein Ziel, europäische Kräfte zu bündeln. Vor allem wegen der Budgetproblematik aller Staaten. Wir werden immer auch einen Beitrag leisten müssen.

Soll es also irgendwann europäische Streitkräfte geben?

Das ist eine politische Frage. Da geschieht auf Arbeitsebene sehr viel – Stichwort „Pooling and sharing“.

Ein Ziel ist auch, dass 1100 Soldaten im Ausland stationiert sein sollten. Ist das finanzierbar?

Diese Einsätze gehören zum sicherheitspolitischen Handeln der Republik. Dazu gab es auch andere, isolationistisch anmutende Wortmeldungen von vermeintlichen Experten, die glauben, das Heer vertreten zu können.

Sie sprechen wohl Erich Cibulka, den Präsidenten der Offiziersgesellschaft, an. Er plädiert dafür, sich in Zeiten des Sparens auf Inlandsaufgaben zu konzentrieren.

Das haben jetzt Sie gesagt. Aber Einsätze im In- und Ausland in ein Konkurrenzverhältnis zu setzen ist widersinnig. In einem Bereich lernt man für den jeweils anderen.

Innerhalb der Bevölkerung sind Auslandseinsätze aber nicht besonders beliebt.

„Die unverstandene Armee“ würde ich das nennen. Es gibt viele Stereotype, die rund um uns bestehen. Das ist jammerschade. Das Heer wird drastisch unterschätzt, im Hinblick darauf, was wir leisten. Praktisch, aber auch intellektuell.

Zugespitzt formuliert ist das Heer nur beliebt, wenn es Schnee schaufelt und Sandsäcke füllt.

Das ist ein typisches österreichisches Schicksal: im Ausland hoch anerkannt, im Inland weniger.


Hat es das Heer nicht geschafft, sich richtig zu präsentieren?

Ja, zum Teil. Es bestehen aber noch veraltete Bilder. Es ist in den Köpfen der Menschen noch nicht angekommen, dass wir dem Frieden dienen und Menschenrechte wahren.

Wie kann man das ändern?

Es liegt auch an uns. Die innere Verfasstheit ist zu resignativ-zurückhaltend, traditionalistisch. Wir müssen moderner, offener werden.

Was meinen Sie damit genau?

Zum Beispiel bei der historischen Betrachtung. Da konzentrieren wir uns auf die k.u.k. Armee. Bei anderen Aspekten der Zeitgeschichte gibt es nur wenige, aber positive Einzelinitiativen. Zum Beispiel die Angelobung im Karl-Marx-Hof am 12. Februar. Diese Dinge zu ändern kostet kein Geld. Nur Hirnschmalz.

Etwas, das hingegen kostet, ist die Wehrpflicht neu – 30 Millionen im Jahr. Sollte man das Geld nicht für andere Dinge nützen?

Natürlich nicht, denn da gab es einen Volksentscheid. Der Minister hat die Vorgabe erlassen, dass das Budget erhalten bleibt. Darüber bin ich froh.

ZUR PERSON

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Franz Reißner (56) ist seit 2012 Kommandant der österreichischen Streitkräfte. Davor war er Militärkommandant in Wien. Der gebürtige Wiener war auch Planungsoffizier bei den Vereinten Nationen in New York. [ Zinner/Bundesheer ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2014)

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