„Kärnten kann sich nicht abputzen“

Hypo. ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger versichert, dass die Problembank keinesfalls Kosten von 19 Milliarden verursachen wird. Und fordert einen finanziellen Beitrag Kärntens. Die SPÖ ist nicht abgeneigt.

Wien. Lange wurde geschwiegen. Doch im Vorfeld der heute, Montag, stattfindenden Sondersitzung im Nationalrat zum Thema Hypo Alpe Adria geht ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger in die Offensive. „Das ist keine Frage für die Showbühne“, erklärte er am Sonntag gegenüber der „Presse“. Vor allem aber: „Jeden Tag höre ich von selbst ernannten Experten Horrorzahlen. Von bis zu 19 Milliarden Schaden ist die Rede. Ich versichere Ihnen: Es wird weit weniger sein.“

Spindelegger betont, dass besagte 19Milliarden Euro keinesfalls Kosten seien. Vielmehr handle es sich bei dem Betrag um das „mögliche Volumen einer Bad Bank. Dem stehen Werte und Sicherheiten gegenüber.“ Auf konkrete Zahlen will er sich allerdings nicht festlegen. Taskforce und Statistik Austria würden derzeit an „handfesten Zahlen“ arbeiten. Generelle Entwarnung könne aber nicht gegeben werden. Spindelegger: „Schon jetzt kann man sagen, die Entscheidung (über die Abwicklung der Bank, Anm.)wird die Steuerzahler wohl belasten.“ Sein Team arbeite aber daran, „die Kosten so gering wie möglich zu halten“. Der Finanzminister hält an seinem Ziel fest, im Jahre 2016 ein strukturelles Nulldefizit zu erreichen. Was freilich im Zusammenhang mit der Hypo wenig Aussagekraft hat: Das strukturelle Defizit enthält keine Sondereffekte – wie eben die finanzielle Belastung durch die Hypo Alpe Adria.

Eine Frage des „Anstands“

Aufhorchen lassen Spindeleggers Aussagen zum Bundesland Kärnten. Weniger, weil er erneut darauf aufmerksam macht, dass das Hypo-Problem „durch wahnwitzige Haftungen der Kärntner Politik“ entstanden ist. Vielmehr, weil Spindelegger finanzielle Wiedergutmachung durch Kärnten fordert. „Kärnten wird sich nicht abputzen können“, sagt er. Gleichzeitig räumt er allerdings ein, dass es gegen das Bundesland keine rechtliche Handhabe gibt. Aber: „Aus meiner Sicht würde es der Anstand gebieten, dass Kärnten einen Beitrag leistet.“ Gemeint ist damit der sogenannte Zukunftsfonds Kärnten, in dem rund 500 Millionen Euro aus dem seinerzeitigen Verkauf der Hypo Alpe Adria an die BayernLB liegen.

Bei der SPÖ scheint Spindelegger damit jedenfalls nicht auf taube Ohren zu stoßen – obwohl Kärnten mit Peter Kaiser mittlerweile einen roten Landeshauptmann hat. SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer meinte am Sonntag im Gespräch mit der „Presse“, dass alle Profiteure der Hypo-Rettung grundsätzlich zur Kassa gebeten werden sollten. Dies gelte für die Bayern, die anderen Hypo-Banken, aber auch für den Kärntner Zukunftsfonds. Wiewohl auch Krainer betont, dass es sich dabei um einen „politischen Anspruch“ handle. Rechtlich stehe man damit auf wackeligen Beinen.

Einig sind sich die Regierungsparteien auch über den zeitlichen Ablauf einer Hypo-Lösung: Krainer drängt darauf, dass innerhalb von vier bis sechs Wochen eine grundsätzliche politische Klärung erfolgt und eine konkrete Umsetzung bis Mitte des Jahres über die Bühne geht. Spindelegger: „Ich will, dass das bis zum Sommer erledigt ist.“ Und er fordert überdies „einen nationalen Schulterschluss“.

Keine gemeinsame Linie gibt es hingegen bei einer möglichen Insolvenz der Hypo Alpe Adria. Spindelegger will sie nicht ausschließen, warnt aber vor „Schnellschüssen“. Die SPÖ ist inoffiziell derselben Meinung, Finanzsprecher Krainer sprach sich allerdings gegenüber der „Presse“ gestern gegen eine Insolvenz aus – und warnte vor unkalkulierbaren Nebeneffekten, von denen auch Bund und Länder betroffen wären.

Umstrittenes Insolvenzszenario

Schützenhilfe gab es gestern von IHS-Chef Christian Keuschnigg. In der ORF-„Pressestunde“ warnte er, eine Hypo-Insolvenz sei „mit großem Risiko behaftet“. Wenn bei einer Pleite alle Kredite fällig gestellt würden, könnten in Südosteuropa Tochtergesellschaften von den dortigen Regierungen nationalisiert werden. Eine Insolvenz wäre zwar für den Steuerzahler etwas billiger, gesamtwirtschaftlich aber ungünstiger. Wie Spindelegger betonte Keuschnigg, dass die genannten Milliardensummen nicht dem letztendlichen Verlust für die Steuerzahler entsprächen. Aber die genauen Kosten seien derzeit schwer abschätzbar.

Einen Seitenhieb in Richtung Politik konnte sich der Wirtschaftsforscher allerdings nicht verkneifen: Seiner Ansicht nach hat die Regierung bei der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria schlecht verhandelt. Bei „reiflicher Überlegung“ hätte es „besser ausgehen können“, sagte Keuschnigg. Verstaatlicht wurde die Problembank im Dezember 2009. Finanzminister war damals Josef Pröll.

Aber „die Mutter aller Probleme“, sagte Keuschnigg, seien damals wie heute die Milliardenhaftungen, die das Bundesland Kärnten für die Hypo übernommen hat.

Team Stronach will Privatisierung, Seite 8

AUF EINEN BLICK

Weitere Infos:www.diepresse.com/hypoHypo Alpe Adria. Heute, Montag, findet im Nationalrat eine Sondersitzung zur Kärntner Problembank statt. ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger versichert derweil, dass das Debakel keinesfalls die kolportierten 19 Milliarden Euro kosten wird. „Es wird weit weniger sein.“ Zwar werde der Steuerzahler durch die Hypo belastet, Spindelegger fordert allerdings auch einen finanziellen Beitrag durch das Land Kärnten, das das Problem durch „wahnwitzige Haftungen“ verursacht habe – dies würde „der Anstand gebieten“. Gegen Kärnten gebe es allerdings keine rechtliche Handhabe, sagt Spindelegger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2014)

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