Höchstrichter: Adoptionsgesetz stört Kindeswohl

(c) Clemens Fabry
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Die neuen strikten Regeln beim Altersunterschied seien rechtswidrig, meint der OGH. Hintergrund ist ein Fall, in dem einer Frau die Adoption eines 16-Jährigen verwehrt werden soll.

Wien. Das Adoptionsrecht beschäftigt dieser Tage nicht nur die Politik, sondern auch die Gerichte. Diesfalls geht es aber nicht um ein Recht für homosexuelle Paare, Kinder zu adoptieren. Sondern um die Frage, ob der Gesetzgeber zu strenge Regeln beim Altersunterschied vorsieht. Denn seit dem Vorjahr gilt, dass jemand, der ein Kind adoptieren will, zumindest 16 Jahre älter sein muss als das Kind. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hält diese strikte Regel für verfassungswidrig. Er stellt daher nun beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Antrag, die strittige Gesetzesstelle aufzuheben.

Hintergrund ist ein Fall, in dem einer Frau die Adoption eines 16-Jährigen verwehrt werden soll. Die Frau ist mit dem leiblichen Vater des Jugendlichen inzwischen zwar verheiratet. Und alle drei leben seit 14 Jahren im gemeinsamen Haushalt. Die Gerichte verweigerten die Adoption aber bisher trotzdem. Denn zwischen dem Alter der Frau und des Jugendlichen liegen nur 15 Jahre und siebeneinhalb Monate. Also knapp weniger als die geforderten 16 Jahre.

Ausnahme kürzlich abgeschafft

Bis zum Vorjahr galt, dass der gesetzliche Mindestalterabstand zwischen Kind und Elternteil bei der Adoption unterschritten werden darf, wenn bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Der nunmehrige starre Altersabstand dürfte laut OGH dem Kindeswohl zuwiderlaufen und daher verfassungswidrig sein. Die Höchstrichter berufen sich auf das Verfassungsgesetz über die Rechte von Kinder. Darin steht, dass jedes Kind „Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind“ hat. Auch die „bestmögliche Entwicklung und Entfaltung“ sowie die Wahrung der Kinderinteressen – „auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit“ – werden im Verfassungsrang garantiert.

Nun ist der VfGH am Zug, nur er kann Gesetze aufheben. Erst im Jänner musste der VfGH über einen Antrag des OGH im Familienrecht entscheiden: Die Verfassungsrichter urteilten, dass lesbische Paare das Recht auf Samenspende erhalten müssen. (aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2014)

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