Tirols neuer SP-Chef: Nicht wie Eugen Freund in Falle tappen

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Ingo Mayr, der beim Landesparteitag am 28.Juni zum neuen Vorsitzenden der SP Tirol gewählt werden soll, spricht über die verbesserungswürdige Kommunikation innerhalb seiner Partei und die Gründe für das Schwächeln der Bundes-SPÖ.

Die Presse: Sie werden im Juni eine desolate Partei übernehmen. Soll man Ihnen gratulieren oder Mitleid mit Ihnen haben?

Ingo Mayr: Masochist bin ich keiner, Sie dürfen mir ruhig gratulieren (lacht). Mir ist bewusst, dass ich eine sehr schwierige Aufgabe übernehme, andererseits ist es wichtig, dass man Verantwortung übernimmt und sich nicht hinter Ausreden versteckt.


Seit wann wissen Sie, dass Sie den Parteivorsitz übernehmen sollen?

Dass Gerhard Reheis nicht mehr als Obmann kandidieren wird, weiß ich seit Weihnachten. Vor rund zehn Tagen ist zum ersten Mal mein Name gefallen. Jetzt bin ich ein offizieller Kandidat, es werden sicher noch zwei, drei folgen.


Wer wird noch kandidieren?

Namen habe ich keine im Kopf, es gibt viele gute Leute.


Was wollen Sie nach Ihrer Wahl zum Parteivorsitzenden anders machen als Vorgänger Reheis?

Derzeit arbeitet eine Reformgruppe, in der ich auch sitze, Vorschläge für Änderungen in der Partei aus. Diese Vorschläge werden beim Parteitag am 28.Juni präsentiert und zur Abstimmung gebracht.


Welche Vorschläge zum Beispiel?

Details offenzulegen wäre unfair gegenüber den Parteimitgliedern.

Innerhalb der Tiroler SPÖ gibt es Kritik daran, dass Reheis bis 2018 Klubchef bleiben will und dass das Amt des Klubobmanns und Parteivorsitzenden nicht dieselbe Person innehat.

Leute, die das kritisieren, wollen wahrscheinlich selbst Klubchef werden. Die Abgeordneten haben Reheis 2013 gewählt und sollten jetzt auch zu ihrer Wahl stehen. Ich halte eine Trennung dieser Ämter für sehr wichtig. Vor allem dann, wenn die Kommunikation so gut funktioniert.


Auch die Kommunikation innerhalb der SPÖ, nicht nur in Tirol, wird intern immer wieder scharf kritisiert. Nicht zuletzt nach der Kandidatur von Eugen Freund für die EU-Wahlen.

Kommunikation ist in der Politik das wichtigste Gut, besonders in der SPÖ gibt es viel Verbesserungspotenzial. Da werde ich nach meiner Wahl als Erstes ansetzen.

Wie wollen Sie das machen?

Es geht hauptsächlich um die Frage, ob wir uns nur mit uns beschäftigen oder mit den Menschen. Was Freund angeht: Das verspüre ich gerade am eigenen Leib. Ich wurde erst gestern zum ersten Mal als Kandidat genannt, heute soll ich 100 Rezepte haben, wie wir die Welt retten können, was nicht geht. Eugen Freund ist ein super Kandidat, ein bekanntes Gesicht und als Journalist anerkannt. Schade, dass durch diese eine Sache die vielen positiven Attribute weg sind.

Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Er hätte wissen können, dass ein Arbeiter keine 3000 Euro brutto verdient.

Das Problem ist auch, dass viele brutto und netto verwechseln. So weit war er mit seiner Schätzung auch wieder nicht weg. Andererseits war es natürlich ungeschickt.

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für das Schwächeln der Bundes-SPÖ?

Ich werde jetzt nicht in dieselbe Falle wie Eugen Freund tappen. Ich bin nicht der Experte für alles. Von der Bundespartei halte ich sehr viel. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten einen sehr wichtigen Part in der Regierung gespielt, immer als Seniorpartner. In einigen wenigen Jahren war das nicht der Fall, und wir wissen, dass wir an den negativen Folgen dieser Jahre zu knabbern haben. Tatsache ist auch, dass es uns – wie auch der gesamten Sozialdemokratie in Europa – nicht gelungen ist, aus der Weltwirtschaftskrise Kapital zu schlagen. Der Neoliberalismus scheint seine Auferstehung zu feiern, was pervers ist. Hinzu kommt der Wandel der Gesellschaft. Es gibt weniger Arbeiter und mehr Angestellte. Und viel mehr Parteien, die uns die Stimmen wegnehmen. Wir müssen uns wieder unserer Kernwählerschicht klar werden.

ZUR PERSON

Ingo Mayr wurde am 27.Juni 1965 geboren und ist seit 2004 Bürgermeister von Roppen im Bezirk Imst. Er ist sowohl in der SPÖ-Bezirksorganisation Imst als auch in der Gewerkschaft fest verankert. Mayr ist Angestellter beim AMS Tirol. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2014)

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