Ehrenrat als Wache für U-Ausschüsse

OSZE WINTER MEETING IN WIEN: PRAMMER
OSZE WINTER MEETING IN WIEN: PRAMMER(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Einsetzung als Minderheitenrecht: Präsidentin Prammer mahnt auch die SPÖ. Sie erinnert daran, dass es einen Beschluss des SPÖ-Bundesparteitages gebe, wonach auch eine Minderheit einen U-Ausschuss einsetzen kann.

Wien. Die Opposition klagt seit Langem darüber, dass die Regierungsparteien Änderungen der Regeln für Untersuchungsausschüsse im Parlament verzögerten. Jetzt drückt Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) aufs Tempo. Objektive Vorsitzführung, eine Art Ältesten- oder Ehrenrat renommierter Persönlichkeiten zur Streitschlichtung, Vereidigung der Mitglieder der U-Ausschüsse, dass bei ihnen keine Befangenheit in der geprüften Causa vorliegt: Die Parlamentspräsidentin wartet mit einem Bündel an Reformvorschlägen auf.

Prammer macht auch ihrer eigenen Partei Beine: Sie erinnert daran, dass es einen Beschluss des SPÖ-Bundesparteitages gebe, wonach auch eine Minderheit einen U-Ausschuss einsetzen kann. Im SPÖ-Klub steht man diesbezüglich eher auf der Bremse, während die Oppositionsparteien das fordern.

Die Nationalratspräsidentin hat sich mit ihren Plänen vor Journalisten nachdrücklich in die aktuelle demokratiepolitische Debatte zurückgemeldet. In der Tendenz ist sie auf der Linie der Klubführungen von SPÖ und ÖVP, indem sie „Waffengleichheit“ für die Auskunftspersonen verlangt, damit U-Ausschüsse nicht zum Tribunal werden. Dabei geht sie allerdings weiter als die Spitzen der Koalitionsparteien. Es solle maximal zwei U-Ausschüsse pro Jahr geben, deren Prüfgegenstand müsse aber klar abgegrenzt werden. Prammer: „Okay, haben wir halt zwei Untersuchungsausschüsse in Permanenz.“

Voraussetzung sei eine objektive Vorsitzführung im Ausschuss, sodass die Person keiner Partei zugerechnet wird. Es müsse ein Abgeordneter sein: „Ich will nicht, dass der U-Ausschuss nach außen gegeben wird.“ Und: „Wenn alle Stricke reißen, soll es das Nationalratspräsidium machen.“

Für Streitfälle soll es eine Art Ältestenrat geben. Dem könnten Personen mit Reputation, etwa der frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP), Anwälte oder renommierte Künstler angehören. Einig ist sie mit den Fraktionschefs der Koalition, dass die Kompetenzen des Verfahrensanwalts zum Schutz der Zeugen zu verstärken seien: „Er muss auf die Stopptaste drücken, wenn über die Stränge geschlagen wird.“

Probleme mit Anonymität

Aufhorchen lässt Prammer mit dem Hinweis auf ein neues Problem, mit dem das Parlament konfrontiert ist. In schriftlichen Anfragen von Mandataren werden immer öfter im Schutz der Immunität die vollen Namen von Personen, die nicht politisch tätig sind, angeführt. In 41 von 60 derartigen Fällen sei deswegen vor der Veröffentlichung der Anfrage auf der Website des Parlaments nachträglich eine Anonymisierung erfolgt. Dafür sei eine „vernünftige gesetzliche Regelung“ notwendig. Ihr ist aber bewusst, dass dies ein „heikler Pfad“ sei, weil das die Freiheit der Abgeordneten berühre. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2014)

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