Ohne neue Mittel(-schulen): Hand in Hand im „Dschungel“

Rot-schwarzer Familienausflug: die Ministerinnen Heinisch-Hosek und Karmasin (von links).
Rot-schwarzer Familienausflug: die Ministerinnen Heinisch-Hosek und Karmasin (von links).(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Regierungstour. Gabriele Heinisch-Hosek und Sophie Karmasin besuchten am Mittwoch Bildungseinrichtungen in Niederösterreich. Es ging ums Geld, ihre Gefühle – und getanzt wurde auch.

Wiener Neustadt. Wie fühlen Sie sich in Ihrem Job? Öffentlich wird kaum ein Politiker diese Frage ehrlich beantworten. Im Verein Jugend und Kultur in Wiener Neustadt werden Lehrlinge und andere Jugendliche aber regelmäßig zu ihrer Gefühlslage im Berufsleben befragt. Gestern, Mittwoch, waren auch zwei Regierungsmitglieder an der Reihe.

Vom Thermenaufenthalt bis hin zur Notaufnahme – SPÖ-Unterrichts- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sowie die von der ÖVP ernannte Familienministerin Sophie Karmasin mussten sich einer Kategorie zuordnen. Heinisch-Hosek wählte die Dschungelexpedition: „Überall lauern Gefahren und Raubtiere. Und es gelingt nicht immer, ihnen auszuweichen.“ Karmasin fühlte sich hingegen wie bei einem Einkauf am Weihnachtssamstag: „Man kann zwar viel Positives herauspicken, aber es ist stressig. Überall Menschen und viel Lärm!“

Das Spiel wurde aber auch dazu genutzt, um den Ministerinnen etwas mitzuteilen: „Ich fühle mich wie in einem Vergnügungspark. Man wartet in der Schlange und freut sich schon auf die Attraktion. Aber wenn man zur Kassa kommt, merkt man, dass man kein Geld für das Ticket hat“, sagte ein Mitarbeiter der Jugendeinrichtung.

Der Verein wird zwar von beiden Ministerien gefördert. Doch man wünsche sich, dass man irgendwann etwas mehr Mittel zur Verfügung hätte – für Beratungsgespräche und andere Projekte. Die beiden Ministerinnen nicken verständnisvoll. Doch in Zeiten, in denen die Causa Hypo Alpe Adria und das Budgetloch die Nachrichten dominieren, wird für zusätzliche Finanzierungen wohl kein Geld zur Verfügung stehen.

Schwerpunkt Inklusion

Aber es ist kein guter Tag für schlechte Nachrichten. Schließlich fährt die Regierung unter dem Motto „Erfolgreich. Österreich“ durchs Land. Da passen Bankenrettungen und Finanzrahmen nicht gerade ins Konzept. Und auch heikle Themen bei Bildungseinrichtungen – die in den Bereich beider Regierungsmitglieder fallen – werden gemieden. Neue Mittelschulen werden am Niederösterreich-Tag der Tour nicht besucht. Denn hier sind Karmasin und Heinisch-Hosek nicht einer Meinung. Aber das ist – zugegeben – eher die Ausnahme. Denn die beiden gehen nicht nur sehr freundlich und entspannt miteinander um. Die beiden Ministerinnen verfolgen erstaunlich oft eine ähnliche Politik.

So wie im Kindergarten Europaplatz in Wiener Neudorf, der unter anderem den Schwerpunkt Inklusion hat. Den betroffenen Kindern wird auch der Umstieg auf die Schule erleichtert. „Inklusion als gemeinsames Ziel funktioniert sehr gut“, meint Heinisch-Hosek. Sie begrüße dieses Projekt. Und auch Karmasin kann sich vorstellen, das Modell zu forcieren – in Richtung weniger Sonderschulen, mehr Inklusion.

Heinisch-Hosek „absolut unglücklich“

In Sachen Kindergartenpädagogik nutzte Heinisch-Hosek auch die Gelegenheit, um Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer (ÖVP) etwas auszurichten. Dieser hatte in der „Presse“ betont, so gut wie keine Akademiker in Kindergärten anstellen zu wollen – aus finanziellen Gründen. Außerdem warnte er den Bund: Sollte sich der Kindergarten zunehmend zu einer Bildungseinrichtung entwickeln, dann falle das Ganze nicht mehr in die Kompetenz der Gemeinden.

Heinisch-Hosek zeigte sich über diese Aussage „absolut unglücklich“. „Wie kommt er auf die Idee, dass Kindergärten keine Bildungseinrichtungen sind?“, fragte sie. Es werde zwar zu Mehrkosten für Länder und Gemeinden kommen. „Aber Bildung muss uns etwas wert sein.“ Etwas vorsichtiger drückte sich Karmasin aus: Flächendeckend gesehen sei die Anstellung von Akademikern nicht realisierbar. „Eine laufende Fortbildung ist aber wichtig. Und geht es vor allem auch um die Wertschätzung und Anerkennung des Berufsstandes“, sagte sie zur „Presse“. Dann ging es für Heinisch-Hosek und Karmasin wieder in den interaktiven Teil des Tagesprogramms über: Sie kauften im Eltern-Kind-Café selbst gebackene Kuchen und Brötchen, lauschten dem Kindergartenchor und wurden auch zum Tanz aufgefordert. Mit kleinen, wehenden Niederösterreich-Fahnen (für die Kinder, nicht die Ministerinnen) tanzten sie den „Eisenbahn-Tanz“ im Kreis.

Überall Menschen, viel Trubel, und im Hinterkopf immer auch das Geld: Ein bisschen ist Politik tatsächlich wie ein Einkaufssamstag.

AUF EINEN BLICK

Die Regierung startete am 12.März eine Bundesländertour unter dem Motto „Erfolgreich. Österreich“. Jedes Bundesland wird von einem Minister-Pärchen besucht. Unterrichts- und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) waren gestern, Mittwoch, in Niederösterreich unterwegs. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) waren bereits in Wien und Vorarlberg. So soll Bürgernähe signalisiert werden. Bis Ende April soll die Tour voraussichtlich abgeschlossen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2014)

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