Steuerreform auf der langen Bank

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FOGLAR(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Die Regierung blockt die Forderung des ÖGB und aus den Ländern ab. Im Kampf um den Zwölf-Stunden-Tag und längeren Urlaubsanspruch verhärten sich die Fronten.

Wien. ÖGB-Präsident Erich Foglar will sie möglichst bald, die Industriellenvereinigung auch, der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) sogar schon mit Jahresbeginn 2015: eine Steuerreform. Anlass für diese Forderungen sind die jüngsten Statistiken. Die Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer sind seit 2010 um 18,9Prozent gestiegen, die nominellen Bruttolöhne pro Kopf dagegen nur um 7,4 Prozent.

Bundeskanzler Werner Faymann weiß um die realen Einkommensverluste Bescheid. Auch er will eine Steuerreform, kann sie derzeit aber nicht umsetzen, wie er nach dem Ministerrat am Dienstag fast entschuldigend erklärte. Die Botschaft richtete sich an die Steuerzahler, in erster Linie aber an seine einflussreichen Parteifreunde Foglar und Niessl.

Eine Debatte über eine Steuerreform habe zwar „immer ihre Berechtigung“, sagte Faymann. Aber derzeit seien die Voraussetzungen nicht gegeben: Man brauche entweder Spielraum im Budget oder eine Millionärssteuer zur Gegenfinanzierung. Ersteres hat die Regierung nicht, Zweiteres will die ÖVP nicht. Daher könne er „noch kein Datum für eine Steuerentlastung nennen“.

Budget: Gespräche fast abgeschlossen

Vizekanzler Michael Spindelegger drückte sich weniger kompliziert aus: Im Moment habe man kein Geld für eine Reform. Für ihn hätten die Budgets für 2014 und 2015 bzw. der Finanzrahmen bis 2018 jetzt Vorrang.

Drei Wochen Vorbereitungszeit bleiben dem Finanzminister noch für seine erste Budgetrede im Parlament. Details werde er erst am 29.April nennen. Denn der Nationalrat habe das Recht, die Zahlen als Erster zu erfahren. Außerdem sind die Verhandlungen mit den einzelnen Ministerien noch nicht abgeschlossen. Dem Vernehmen nach geht es dabei nicht mehr um den Voranschlag für 2014, sondern um jenen für 2015.

Nach der Pleite der Hypo Alpe Adria sei ein strikter Budgetvollzug notwendig, „damit wir unsere Ziele einhalten“, sagte Spindelegger. Gemeint ist damit vor allem ein strukturelles Nulldefizit im Jahr 2016. Rücklagen dürften die einzelnen Ressorts daher nur mit seiner Zustimmung auflösen, sagte Spindelegger. Andernfalls würde man es sich zu einfach machen. Es könne ja nicht sein, dass sich jeder Minister auf seine Rücklagen verlasse, wenn er den Budgetvollzug nicht schaffe.

Paketlösung oder kein Paket

Ein anderes Vorhaben, das sich im Regierungsprogramm findet – flexiblere Arbeitszeiten und mehr Möglichkeiten für einen Zwölf-Stunden-Arbeitstag, im Gegenzug eine Ausweitung des Urlaubsanspruchs und Änderungen für All-in-Verträge (siehe Bericht unten) –, soll vor dem Sommer erledigt werden, ist aber plötzlich stark gefährdet. Der Grund: SPÖ-Hauptverhandler Sozialminister Rudolf Hundstorfer verlangt wie der Gewerkschaftsbund, dass all diese Fragen gemeinsam gelöst werden müssen. Wirtschafts- und Industrievertreter sträuben sich gegen eine sechste Urlaubswoche für alle nach 25 Arbeitsjahren.

Hundstorfer lässt keine Zweifel offen: „Es gibt ein Paket, und das Paket kommt oder es kommt nicht. So einfach ist die Welt.“ Er setze damit nur das Regierungsprogramm um, argumentierte der Sozialminister. Im geltenden rot-schwarzen Koalitionspakt ist von einem ausgewogenen Paket, nicht explizit von der sechsten Urlaubswoche die Rede.

Allerdings signalisiert Vizekanzler ÖVP-Chef Michael Spindelegger beim längeren Urlaubsanspruch, den auch die schwarzen Arbeiternehmervertreter (ÖAAB) im Gegensatz zur Wirtschaftskammer fordern, Gesprächsbereitschaft. Das könne man nicht von vornherein ablehnen. Wirtschaftsminister ÖVP-Verhandler Reinhold Mitterlehner findet es „ein wenig schade, dass man wieder derartige Positionskämpfe“ führe. Das erinnere ihn an die Wahlkampfzeit im Vorjahr. Innenministerin ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner sieht jetzt die Sozialpartner gefordert: Es müsse ein „ausgewogenes Paket“ geben. (pri/ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2014)

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