Spindelegger: "Ich würde die Steuern ja gerne senken..."

Michael Spindelegger
Michael Spindelegger (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Finanzminister hält eine schnelle Steuerreform für nicht machbar, will die Ministerien stärker kontrollieren und findet viele kleine Reformschritte besser als einen „großen Schlag“, der dann doch nicht kommt.

Die Presse: Herr Vizekanzler, wie geht es dem Budget? Wir hören, im Bildungsministerium ist noch etwas offen.

Michael Spindelegger: Wir sind in letzten Abstimmungsgesprächen. Für mich ist entscheidend, dass sich die Puzzleteile jetzt zu einem Gesamtkonzept fügen. Die große Herausforderung ist: Wie bewältigen wir die Hypo und bleiben trotzdem unter dem Maastricht-Budgetdefizitlimit von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Mit welchen Kosten für die Hypo rechnen Sie heuer definitiv?

Die Taskforce hat vier Milliarden Euro als Maximalbetrag genannt, mit diesem Betrag rechnen wir. Das Defizit steigt um diesen Betrag. Wenn wir die drei Prozent halten wollen, dann bedeutet das strikte Sparmaßnahmen in allen Ressorts.

Also zusätzlicher Sparbedarf?

Wir wollen unsere Ziele – 1,3 Prozent strukturelles Defizit und maximal drei Prozent Maastricht-Defizit – auf jeden Fall einhalten. Dazu brauchen wir aber einen sehr strikten Budgetvollzug. Es wird künftig zur Jahresmitte ein Controlling für alle Ressorts geben, bei dem noch einmal nachgeschaut wird, ob sie ihre Budgetziele erreichen. Rücklagen dürfen dafür nicht ohne Weiteres aufgelöst werden.

Können Sie Ministerien einfach so unter Kuratel stellen?

Nein, das brauchen wir auch nicht. Um unsere Ziele zu erreichen, sind aber außergewöhnliche Maßnahmen notwendig. So habe ich es mit allen Ressorts vereinbart.

Für eine Steuersenkung wird es da wohl keinen Spielraum geben, oder?

Ich würde die Steuern ja gerne senken, aber wir stehen in einem Prozess, der nicht von uns allein gestaltet wird. Schuldenpolitik ist europaweit von gestern, beim Defizit müssen wir laut EU-Vorgabe auf null kommen. Zuerst kommt das strukturelle Nulldefizit, dann können wir über steuerliche Entlastung reden.

Wann könnte das sein?

Ich nenne keine Jahreszahl. Aber 2014/15 ist das Nulldefizit noch nicht erreicht.

Wir haben jetzt mit 45,4 Prozent aber schon eine der höchsten Steuerquoten in Europa ...

...und die bekommen wir nur herunter, wenn wir uns anstrengen, das Nulldefizit zu erreichen. Symbolische Dinge haben wir ja schon vorgesehen: Die Senkung der Lohnnebenkosten um 200 Millionen Euro, den Handwerkerbonus – Maßnahmen, die nicht so in die Breite wirken, die aber gezielt bei Unternehmen ankommen und zeigen, dass wir etwas tun.

(C) DiePresse

Wo würden Sie denn eine vernünftige Steuerquote ansetzen?

Die Richtung muss auf 40 Prozent deuten. Aber wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen. Die großen Dinge stehen noch aus, symbolische Schritte haben wir schon gesetzt.

40 Prozent Steuer- und Abgabenquote würden eine Steuersenkung um 16 Milliarden Euro bedeuten ...

...deshalb ist das auch nicht in einem Schritt machbar. Ein strukturelles Nulldefizit wäre schon einmal ein großer Schritt in diese Richtung.

Wirtschaftsforscher bekritteln, dass große Reformen ausbleiben.

Wir senken das strukturelle Defizit heuer um 0,3 Prozentpunkte, das geht nur mit Reformen. Die größte ist, wenn man, wie wir das tun, die Ermessensausgaben der Ministerien heuer um 500 Millionen und in den kommenden Jahren um weitere 300 Millionen Euro senkt. Jeder Ressortminister muss dann selbst über Strukturreformen nachdenken, sonst schafft er das nicht. Ich weiß schon, das sind viele kleine Schritte und nicht der große Schlag. Aber große Schläge haben es an sich, dass sie zwar angekündigt werden, aber nicht kommen

500 Millionen Ausgabenkürzung und eine Milliarde Steuererhöhung heißt, dass noch immer einnahmenseitig „gespart“ wird.

Jetzt ist vorrangig, dass wir das Nulldefizit erreichen. Die Realität muss jeder zur Kenntnis nehmen, dass wir mit weniger Geld im Staat auskommen müssen.

Warum sperren Sie sich weiter gegen einen Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe Adria?

Ich glaube, dass es vorher notwendig wäre, den Untersuchungsausschuss zu reformieren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass alles, was bisher an einen Untersuchungsausschuss geliefert wurde, an die Öffentlichkeit kam. Bei der Hypo haben wir einen sehr komplexen Sachverhalt. Man kann kein gutes Verhandlungsergebnis mit der BayernLB erzielen, wenn man ihr vorab alle Argumente auf dem Präsentierteller liefert. Bei einem Kartenspiel kann man nicht gewinnen, wenn man dem Gegner vorher die Karten zeigt. Wir haben jetzt eine Kommission eingesetzt, die soll man arbeiten lassen und die Ergebnisse abwarten.

BUDGETDISZIPLIN

Budget. Finanzminister Michael Spindelegger glaubt, dass sein Ziel, das strukturelle Budgetdefizit bis 2016 auf null zurückzufahren, zu erreichen ist. Allerdings nur, wenn sich alle Ministerien strikt an die Sparvorgaben halten. Deren Einhaltung wird künftig jährlich kontrolliert, Rücklagen dürfen für die Einhaltung der Budgetziele nicht mehr aufgelöst werden. Heuer soll das Maastricht-Defizit trotz Hypo-Milliarden unter drei Prozent des BIPs bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2014)

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