Schieder: „Über Republik ist Damoklesschwert gehangen“

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder(c) Clemens Fabry
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SPÖ-Klubchef Andreas Schieder verteidigt die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria und erklärt, unter welchen Bedingungen die Sozialdemokraten einen Untersuchungsausschuss ermöglichen könnten.

Die Presse: Sie waren 2009 Staatssekretär im Finanzministerium. Wie sehr waren Sie in die Notverstaatlichung eingebunden?

Andreas Schieder: Ich war in der Nacht der Entscheidung dabei. Das war damals insofern eine schwierige Situation, weil uns alle Experten klar gemacht haben, dass die Haftungen des Landes Kärnten bei einer Insolvenz schlagend werden, und dass der Bund die zu zahlen gehabt hätte. Dann hätten wir uns bei den Defizitzahlen neben Griechenland eingereiht.

Rückblickend betrachtet: Wurde gut verhandelt?

Ich glaube, dass in dieser Nacht im Rahmen des Möglichen ein Ergebnis erzielt worden ist, das Schlimmstes verhindert hat. Und das war das Einzige, was in dieser Nacht möglich war. Über der Republik ist damals ein Damoklesschwert gehangen.

Ein Untersuchungsausschuss wird das vielleicht nicht ganz so positiv beurteilen.

Ich habe Verständnis, dass viele Österreicher sich über das gesamte Hypo-Desaster ärgern. Da muss man aber sagen, das wirklich große Problem war die unverantwortliche Haftungsübernahme durch die FPÖ-Landesregierung in Kärnten.

Aber da hat die SPÖ ja auch mitgestimmt.

Alle, die mitgestimmt haben, haben einen Fehler gemacht. Aber die Hauptverantwortung tragen natürlich der Landeshauptmann und der Finanzreferent. Das ist auch eines der Ergebnisse des Kärntner U-Ausschusses. Es waren die Spiele des Jörg Haider, von der Seebühne bis zur Formel 1, die zu finanzieren waren. Und es steht auch ein Kriminalfall dahinter, der nur in diesem von der FPÖ erzeugten Biotop in Kärnten möglich war.

Für die Zeit nach der Notverstaatlichung können Sie nicht die FPÖ verantwortlich machen. Ist da alles optimal verlaufen?

Die Entscheidung, dass man eine Bad Bank oder Anstaltslösung macht, hätte man rascher treffen können oder sollen. Ich bin ja schon vor drei Jahren für eine Bad Bank eingetreten.

Es wird einen Hypo-U-Ausschuss geben, wenn Untersuchungsausschüsse Minderheitsrecht werden. Was sind die Bedingungen der SPÖ dafür?

Es muss ein verbessertes, zielgerichteteres, faireres Verfahren geben. In den einzelnen Punkten sind wir diskussionsbereit.

Sie bestehen darauf, dass die Parlamentspräsidentin den Vorsitz übernimmt?

Für uns ist es Bedingung, dass wir einen objektiven, fairen Vorsitz brauchen. Wir haben unseren Vorschlag auf den Tisch gelegt und werden versuchen, gemeinsam mit den anderen Parteien das bestmögliche Modell zu entwickeln.

Wie wollen Sie Auskunftspersonen besser schützen?

Sie sind kompakt zu befragen. Es muss möglich sein, innerhalb von drei Stunden alle nötigen Fragen zu stellen. Und der Verfahrensanwalt soll im Interesse der Auskunftsperson eingreifen können. Es muss aber auch klar sein, dass Auskunftspersonen zur Verfügung stehen müssen. Jeder muss kommen, wird aber auch fair behandelt.

Sie wollen verhindern, dass Akten an die Öffentlichkeit gespielt werden. Wie soll das gehen?

Das ist ein wichtiges Thema. Bei der Hypo könnte so etwas schädlich sein, zum Beispiel im Verfahren gegen die BayernLB. Für die Klärung der politischen Verantwortung soll der Untersuchungsausschuss alle Akten bekommen. Aber wo schutzwürdige Interessen Dritter dem entgegenstehen, sollten diese auch sichergestellt werden. In Deutschland ist das möglich – dort gibt es aber auch eine andere politische Kultur.

Wie kann man diese Kultur entwickeln?

Erstens mit einer modernen Verfahrensordnung. Da gehört das Minderheitsrecht dazu, dann gibt es nicht schon im Vorfeld immer diese Aufregung. Zweitens brauchen wir eine Verhaltensänderung im U-Ausschuss. Ich habe Signale aus allen Parteien, dass sie an der Etablierung einer modernen politischen Kultur arbeiten wollen.

Jetzt startet gerade eine von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission. Halten Sie als Parlamentarier das für ein gutes Modell?

Ich glaube, dass das zur Klärung von sachlich extrem komplexen Zusammenhängen sinnvoll sein kann. Vielleicht gibt es Erfahrungen, die man in einen modernen Parlamentarismus einbauen kann. Man muss aber abwarten, wie die Erfahrungen wirklich sind.

Können wir uns eine Steuerreform überhaupt noch leisten?

Das können wir, wenn sie gut gemacht ist. Die Eckpunkte aus meiner Sicht sind die Verschiebung der Belastung weg vom Faktor Arbeit hin zum Faktor Kapital. Also eine Senkung des Einstiegssteuersatzes auf 25 Prozent und vermögensbezogene Steuern wie eine Millionärsabgabe als Gegenfinanzierung.

Da brauchen Sie nur noch einen Koalitionspartner, der mitmacht.

Vielleicht findet sich beim Koalitionspartner ja einmal die Einsicht, dass es auch im Interesse der Volkspartei und des Wirtschaftsflügels sein kann, wenn ich den Faktor Arbeit entlaste. Das bringt ja auch Vorteile für die Wirtschaft. Da könnte ein neoliberal leistungsorientiert Denkender durchaus Gefallen daran finden.

Haben Sie schon Signale empfangen, dass dies so sein könnte?

Mein Empfänger ist hochsensibel. Es gibt zaghafte Signale.

Wann könnte die Steuerreform stehen?

Das hängt davon ab, wie intensiv diese Signale noch werden. Wenn man gleichzeitig das Steuersystem einfacher macht, ist ein Jahr notwendig. 2015 könnte man es beschließen.

ZUR PERSON

Andreas Schieder (44) ist seit Oktober des Vorjahres Klubchef der SPÖ im Nationalrat. Davor war er – wie schon sein Vater Peter Schieder – außenpolitischer Sprecher der SPÖ und ab 2008 Staatssekretär im Finanzministerium. Schieder hat Volkswirtschaft studiert und arbeitete von 2002 bis 2007 in der wirtschaftspolitischen Abteilung der Arbeiterkammer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2014)

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