Strache und der "Tugendterror": Mölzers sanfte Abrechnung

Cover der ''Zur Zeit'' vom 11. bis 17. April 2014
Cover der ''Zur Zeit'' vom 11. bis 17. April 2014(c) Screenshot: http://zurzeit.at
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Das von Mölzer herausgegebene Magazin "Zur Zeit" kritisiert die Ausbootung des FPÖ-Abgeordneten als EU-Spitzenkandidat und fragt: "Wer ist der nächste?"

Die Causa Andreas Mölzer hielt in den vergangenen Wochen die heimische Presse in Atem. Nun nahm sich auch die Wochenzeitung „Zur Zeit", die von dem freiheitlichen Politiker herausgegeben wird, der Angelegenheit an. Das Titelblatt der Postille ziert ein Schwarz-weiß-Foto des Europaabgeordneten, der als Spitzenkandidat der FPÖ für die EU-Wahl am 25. Mai zurückgetreten ist. Darunter finden sich Bilder von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Wiens FP-Klubobmann Johann Gudenus sowie FP-Generalsekretär Harald Vilimsky. In roten Lettern ist zu lesen: „Tugendterror - wer ist der nächste?"

Cover der ''Zur Zeit'' vom 11. bis 17. April 2014
Cover der ''Zur Zeit'' vom 11. bis 17. April 2014(c) Screenshot: http://zurzeit.at

Im Inneren des Blattes erzählt Mölzer von seinem Kandidaten-Aus. Ob die FPÖ den Druck von Boulevard und SOS-Mitmensch nicht aushalte, wird er gefragt. Seine Antwort: „Das müssen Sie die Parteiführung fragen."

Deutlicher wird Mölzer, der als blauer Ideologe gilt, in der Kritik an befreundeten europäischen Rechtsparteien, die auch auf seinen Rückzug gedrängt haben sollen. „Politisch unerfahrene Kräfte gehen vor dem medialen Druck in ihren Ländern in die Knie und distanzieren sich dann allzu schnell von möglichen Partnerparteien in anderen Ländern, wenn diese unter Beschuss geraten. Damit macht man sich zum willfährigen Helfershelfer des politischen Establishments", ärgert sich Mölzer, der noch offen lässt, was er neben seiner publizistischen Tätigkeit künftig zu tun gedenkt.

Franz Xaver Seltsam als Gesprächspartner

Pikantes Detail am Rande: Das Interview mit Mölzer führt Franz Xaver Seltsam, ein Pseudonym, das Mölzer in Zusammenhang mit einem rassistischen Artikel über Fußballer David Alaba zugeschrieben wurde. Die Redaktion betont hingegen, dass es sich um einen von mehreren Redakteuren verwendeten Decknamen handelt und Mölzer in der Causa Alaba nicht persönlich in die Tasten gehaut habe.

Als ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl ist wohl das Wort „Tugendterror" zu verstehen - eine Anspielung auf das Buch des deutschen Skandalautors Thilo Sarrazin, das den Titel trägt: „Der neue Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit."

Offene Kritik an der Parteiführung ist letztlich nur im Editorial von Mit-Herausgeber Walter Seledec zu lesen. Der ehemals in führenden ORF-Funktionen tätige Journalist konstatiert, dass durch eine Kampagne „berufsmäßiger Gutmenschen" zwar Druck auf die FPÖ-Spitze entstanden sei, jedoch: „Hier wären Einigkeit und Geschlossenheit von Nöten - in solidarischer Treue mit dem Angegriffenen."

Mölzer sei über Jahrzehnte ein publizistisches und intellektuelles Aushängeschild des Dritten Lagers gewesen: „Wegen einer nicht optimal formulierten Äußerung diesem Mann seine Ehre abzuschneiden, ihn sozusagen zu verstoßen, hieße die Arbeit unserer Gegner und Hasser zu besorgen."

Kuriosum am Rande: Gleich auf Seite 2 der aktuellen „Zur Zeit"-Ausgabe prangt ein FPÖ-Inserat für die Europa-Wahl, das noch Mölzer neben dem neuen Spitzenkandidaten Harald Vilimsky zeigt.

Causa Mölzer

Der FPÖ-EU-Abgeordnete Andreas Mölzer hat die Bürokratie der Europäischen Union mit dem „Dritten Reich" verglichen und von einem „Negerkonglomerat" gesprochen. Zudem soll er in der von ihm herausgegebenen umstrittenen Zeitschrift "Zur Zeit" den Fußballer David Alaba als „pechrabenschwarz" bezeichnet haben. Nach heftiger Kritik legte er seinen Posten als Spitzenkandidat der FPÖ bei der EU-Wahl am 25. Mai zurück. Allerdings habe „nicht der anhaltende Druck der gesamten politisch korrekten Medienlandschaft des Landes und die geheuchelte Empörung des politischen Establishments der Republik“ zu dieser Entscheidung geführt, wie Mölzer betonte, sondern: „Es ist der offensichtliche Vertrauensverlust in meiner Partei, der mich dazu bewegt.“

>> Link zur Homepage der „Zur Zeit"

(APA/Red.)

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