Programm: ÖVP ruft zur Evolution auf - bis 2015

Blümel, ÖVP
Blümel, ÖVP(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mehr Mitglieder der Bundes-ÖVP, eine Urabstimmung über kritische Punkte und eine Bundesländertour: Die ÖVP versucht - sehr vorsichtig - ihr verstaubtes Image zu verbessern.

Wien. Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich Gernot Blümel bewegt. Einerseits soll der Generalsekretär der ÖVP das Parteiprogramm erneuern und frischen Wind in die Volkspartei bringen. Andererseits darf er damit die Stammwähler nicht verschrecken. Bei der Pressekonferenz zum Startschuss der Reform des Parteiprogrammes drückte sich Blümel daher betont vorsichtig aus: „Es ist eine Evolution. Wir wollen keine neue ÖVP.“

Aber: Die Partei müsse moderner werden. „Die Menschen werden flexibler, auch wir müssen uns adaptieren.“ Allgemein müssten politische Bewegungen wendiger werden. Er wolle die ÖVP in Richtung einer „bürgerlichen Bewegung“ öffnen, bei der jeder ein Stück des Weges mitgehen könne, so Blümel in Anlehnung an einen alten Bruno-Kreisky-Spruch, der einst an die SPÖ gerichtet war.

Bis zur EU-Wahl will der Generalsekretär daher durch die Bundesländer touren und mit Parteifunktionären über die Reform sprechen. Im Herbst soll außerdem auf einer Onlineplattform eine breite Diskussion gestartet werden, bei der sich auch Nichtparteimitglieder beteiligen können.

Mitte des nächsten Jahres wird das Ergebnis dann im Idealfall am Bundesparteitag abgesegnet. Im Gespräch ist aber auch eine Urabstimmung über substanzielle Fragen unter allen Parteimitgliedern – laut Blümel immerhin eine „knappe Dreiviertelmillion“ Menschen.

„Kritische Denker“ an Bord

Dieser Vorschlag kam von Harald Mahrer, dem Präsidenten der Julius-Raab-Stiftung – der sich als „sehr kritischen Geist“ innerhalb der Partei sieht. „Jetzt geht das los, was wir über die letzten Jahre vehement gefordert haben“, sagte er am Donnerstag. Mahrer soll zusammen mit Dietmar Halper, Direktor der Politischen Akademie, federführend an der Erneuerung des Programmes mitarbeiten.

Blümel hat sich mit den beiden zwei Parteimitglieder ins Boot geholt, die sich schon länger Gedanken über eine Reform machen: In ihrem Buch „Die Volkspartei Evolution“, das Ende Februar erschienen ist, übten sie bereits Kritik an der eigenen Partei.

Halper schätzte daher die Lage der Partei bei der Pressekonferenz etwas realistischer als sein Generalsekretär ein: „Die ÖVP ist derzeit nur eine mittlere Partei. Und die Fähigkeit, eine Catch-all-Bewegung zu sein, lässt nach.“ Jetzt müsse dringend gehandelt werden.

In welche Richtung das neue Programm gehen solle, wollte – oder konnte – Blümel jedenfalls noch nicht sagen. „Es ist eine Bewegung von unten. Wir werden alle dazu einladen, mitzumachen.“ Daher wolle er kein Thema und keine Idee vorgeben. Grundsätzlich gehe es ihm aber um eine Überarbeitung der Strukturen. Aber auch was er damit meinte, wurde nicht verraten. Die Bünde will Blümel jedenfalls nicht abschaffen. Aber: Man solle sich ohne Mitgliedschaft in der ÖVP verstärkt engagieren können. Auch mehr Mitgliedschaften bei der Bundes-ÖVP wären eine Alternative.

Überarbeitung der Strukturen

Das Ziel ist laut Blümel jedenfalls eine „moderne, bürgerliche Bewegung des 21. Jahrhunderts zu schaffen“ – und zwar „aus der Mitte“ der Bevölkerung. Das kommt einem ziemlich bekannt vor: Neos-Chef Matthias Strolz gibt regelmäßig Sprüche wie diese von sich.

Nicht nur daran merkt man, dass die neue Partei wohl auch ein Grund für den Reformwillen der Volkspartei ist. Wie groß die Konkurrenz tatsächlich ist, wird sich bei der EU-Wahl am 25. Mai zeigen.

AUF EINEN BLICK

Das Parteiprogramm der ÖVP stammt aus dem Jahr 1995 und soll bis zum nächsten Jahr überarbeitet werden. Verantwortlich dafür ist Generalsekretär Gernot Blümel – der 32-Jährige besucht nun alle Bundesländer und sammelt Ideen für die Reform. Im Herbst wird auch online darüber debattiert. Beim Bundesparteitag im Jahr 2015 soll das neue Papier vom Parteivorstand abgesegnet werden. Möglich wäre auch eine Urabstimmung unter allen Parteimitgliedern.


Die Reform soll laut Blümel vor allem die Parteistrukturen betreffen. Was das genau bedeuten soll, sagte er am Donnerstag allerdings nicht. Die Abschaffung der Bünde sei jedenfalls kein Thema.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2014)

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