Darabos: "Den Vergleich mit Schüssel weise ich zurück"

Norbert Darabos
Norbert Darabos(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Bundesgeschäftsführer Darabos versteht Heinisch-Hosek und fürchtet, dass Gusenbauers neuer Job intern nicht gut ankommt.

Die Presse: Wie werden Sie im Wahlkampf aus Eugen Freund einen Sozialdemokraten machen?

Norbert Darabos: Eugen Freund ist mit den sozialdemokratischen Werten nicht nur vertraut, er lebt sie auch. Aber wir haben ihn auch deshalb geholt, weil er über die Kernwählerschichten der SPÖ hinaus wirkt.

Aber wirkt er auch in die Partei hinein? Die SPÖ-Funktionäre sollen nicht gerade große Laufbereitschaft für Freund zeigen.

Das empfinde ich nicht so. Freund ist seit Februar in der Partei unterwegs. Und überall, wo er aufgetreten ist, hat er mögliche Skepsis relativ rasch zerstreuen können.

Warum wird Freund nicht SPÖ-Mitglied?

Das ist nicht notwendig. Er soll im Sinne Bruno Kreiskys auch Menschen in der aufgeklärten Bürgerschicht ansprechen, die bereit sind, ein Stück des Weges mit uns zu gehen.

Dieses Kreisky-Zitat hat auch die ÖVP als Motto für ihre Programmdebatte gewählt. Wie finden Sie das?

Es sei der ÖVP unbenommen, Bruno Kreisky für sich zu vereinnahmen. Aber es ist etwas seltsam, und es belustigt mich auch. Und es zeigt, dass Kreisky mit seiner Parole „Durchflutung der Gesellschaft“ richtig gelegen ist.

Die SPÖ wirbt gerade mit der Parole „Europa im Kopf – Österreich im Herzen“. Das klingt, als wäre Europa kein Herzensanliegen, sondern ein notwendiges Übel.

Vieles ist durch den EU-Beitritt besser geworden, es gibt mehr Arbeitsplätze, das Volkseinkommen ist enorm gestiegen. Allerdings darf man nicht verleugnen, dass manches irrational abläuft. Man denke nur an die Gurkenkrümmungsverordnung. So etwas versteht niemand. Deshalb muss man mit Köpfchen an die Sache herangehen. Also mit dem Kopf dafür sorgen, dass die EU herzlicher wird.

Aber sachpolitische Fragen spielen bisher keine Rolle im Wahlkampf. Es geht den Parteien, und zwar allen, nur darum, zu zeigen, dass sie eh patriotisch sind und Österreich in Brüssel nicht verraten werden.

Es ist richtig, dass der Wahlkampf derzeit eher auf der emotionalen Ebene abläuft. Aber das wird sich, jedenfalls unsererseits, im letzten Monat vor der Wahl ändern.

Emotional ist derzeit auch die Stimmung in der SPÖ. Nach heftigen Protesten aus den Ländern und dem Parlamentsklub hat Ministerin Heinisch-Hosek ihre Sparpläne für den Bildungsbereich zurückgenommen. Auf wessen Seite stehen Sie?

Die Situation ist nicht einfach. Deshalb bemüht sich die Ministerin um eine breite Diskussion, um die beste Lösung zu finden. Das kann man nur unterstützen.

An den Sparvorgaben – 57 Millionen Euro nächstes Jahr und 60 Millionen für 2015 – ändert sich aber nichts. Wie passt das zu den Sonntagsreden und Wahlkampfsprüchen, in denen SPÖ-Politiker stets betonen, wie wichtig ihnen die Bildung ist?

Erstens darf man nicht vergessen, dass der Finanzrahmen für den Bildungsbereich heuer immer noch höher ist als im Vorjahr.

Das ist eine Ausrede.

Zweitens muss man auch die Geschichte dahinter sehen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Hypo-Causa so sehr über Österreich hereinbrechen wird. Um den budgetären Rahmen zu halten, ist es notwendig, dass in allen Bereichen gespart wird. Dass das nicht angenehm ist, stimmt. Aber es wird keinen Qualitätsverlust in der Bildung geben.

Warum äußert sich der Kanzler eigentlich weder zur Hypo noch zu den Sparplänen? Langsam erinnert Werner Faymann an den Schweigekanzler Wolfgang Schüssel.

Den Vergleich mit Schüssel weise ich vehement zurück. Faymann trägt die Hypo-Lösung in allen Facetten mit. Ich glaube, da entsteht gerade eine Legende, dass er sich zu wenig in der Öffentlichkeit geäußert hat.

Das entsteht keine Legende, das ist eine Tatsache. Immer wenn es heikel wird, geht der Kanzler auf Tauchstation.

Der Kanzler hat die Regierung zu führen, die Fachminister haben die fachliche Expertise einzubringen. Und Faymann entlässt keinen Minister aus seiner Verantwortung. So, wie er die Kanzlerschaft anlegt, ist das richtig.

Er muss also nicht zu allem etwas sagen.

So ist es.

Was sagen denn Sie zum Thema Steuerreform? Die burgenländische SPÖ, aus der Sie kommen, fordert eine Steuerentlastung mit 2015. Kann Landeshauptmann Hans Niessl auf Ihre Unterstützung zählen?

Ich bin auf jeden Fall für eine Steuerreform. Die muss aber gegenfinanziert werden, weil wir keine neuen Schulden machen wollen.

Dass die bestehenden Schulden mit enormen Steuererhöhungen beglichen werden, bleibt meist unerwähnt. Wie rechtfertigt die Arbeitnehmerpartei SPÖ die realen Einkommensverluste der Österreicher?

Wir haben im vergangenen Jahr keine schlechten Lohnabschlüsse gehabt.

Aber die sind durch die Inflation und die kalte Progression aufgefressen worden.

Das ist richtig. Insofern wäre eine Steuerreform wichtig. Aber da gilt es noch, Überzeugungsarbeit beim Koalitionspartner zu leisten, etwa in Richtung Vermögensteuern.

Sie wissen, dass die ÖVP keine Vermögensteuern will.

Sag niemals nie. Möglicherweise ergibt sich ja auch ein Spielraum aus einer wirtschaftlich besseren Entwicklung.

Möglicherweise auch nicht. Wann, glauben Sie, werden wir uns eine Steuerentlastung leisten können?

Ich werde kein Datum nennen, das wäre unseriös. Ich will den Gesprächen in der Regierung auch nicht vorgreifen.

Noch in dieser Legislaturperiode?

Davon gehe ich aus.

Was sagen Sie zu Ihrem Weggefährten Alfred Gusenbauer, der bei Außenminister Sebastian Kurz als Berater anheuern soll?

Das ist seine persönliche Entscheidung. Ich halte es für durchaus vernünftig, wenn man sich andere Meinungen einholt.

Vernünftig vom Außenminister. Aber können Sie auch Gusenbauer verstehen?

Ich persönlich habe kein Problem damit, wenn er mithilft, die österreichische Außenpolitik ein bisschen schlagkräftiger zu machen, als sie es in den letzten Jahren war.

Und wie wird das in der SPÖ aufgenommen werden?

Zwiespältig, nehme ich an. Und mehrheitlich wahrscheinlich nicht sehr positiv. Die meisten werden wohl nicht wirklich amused sein.

ZUR PERSON

Norbert Darabos ist seit März 2013 wieder Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Diesen Job machte er auch schon von 2003 bis 2006. In der Zwischenzeit war er Verteidigungsminister. Der 49-Jährige hat Geschichte und Politikwissenschaften studiert. Seine Laufbahn begann in der burgenländischen SPÖ. Er war Pressesprecher von Landeshauptmann Karl Stix, Landesgeschäftsführer und Klubobmann im Landtag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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