Job und Familie: Politikkarambolage mit Kinderwagen

BUNDESLAENDERTOUR DER REGIERUNG 'ERFOLGREICH.OeSTERREICH.': BESUCH EINES KINDERGARTEN IN WIENER NEUDORF: KARMASIN
BUNDESLAENDERTOUR DER REGIERUNG 'ERFOLGREICH.OeSTERREICH.': BESUCH EINES KINDERGARTEN IN WIENER NEUDORF: KARMASINAPA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Wie bringen Minister und frühere Ressortchefs Job und Familie unter einen Hut? Ministerin Karmasins eigenes Handy und Buchingers Karenz und die Grenzen des Elternseins.

Wien/Linz. Über das Verstecken von Osternestern braucht er sich diesmal noch nicht den Kopf zu zerbrechen. Für Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) und seine Lebensgefährtin, Sandra Hrnjak, stellt sich nach der für Herbst erwarteten Geburt des gemeinsamen Kindes einmal die Frage: Wie bringe ich als Jungpapa Kinderbetreuung und Ministeramt unter einen Hut? Auffallend ist, dass nicht nur der Ausbau der Kinderbetreuung für Familien in den vergangenen Jahren in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist, sondern sich auch der private Umgang von (Spitzen-)Politikern mit dem Thema wandelt.

Inzwischen sind längst Politikerinnen und Politiker mit Kinderwagen in den Couloirs des Parlaments unterwegs. Beim Landtag in Oberösterreich wurde auf Betreiben von Landesrätin Doris Hummer (ÖVP), selbst junge Mutter, ein Stillzimmer eingerichtet. Für Ex-Sozialminister Erwin Buchinger wurde in der Funktion als Bundesbehindertenanwalt sogar ein eigenes Gesetz geschaffen, damit er in Väterkarenz gehen konnte.

Argwohn bleibt

Der Umgang mit Kindern in der Politik ist zwar inzwischen weit entspannter als noch vor knapp 25 Jahren, als die Grün-Abgeordnete Christine Heindl mit dem Stillen ihres Babys im Nationalrat für helle Aufregung sorgte. Aber im Umkreis der Politik stößt eine dezidiert familienfreundliche Einstellung an ihre Grenzen, auch der sonst so oft beschworene Mut von Vätern, selbst in Karenz zu gehen.

„Es wird immer nur bei wenigen Einzelfällen bleiben. Einen breitflächigen Gesinnungswandel sehe ich nicht“, urteilt Ex-Minister Buchinger. Der Bundesbehindertenanwalt ist bis nach Ostern zum zweiten Mal als Papa daheim in Karenz. Selbst als er im Februar zwei Monate in Karenz gegangen ist, habe es bisweilen Unverständnis gegeben, warum er die Funktion als Behindertenanwalt heuer erneut übernommen habe.

Ganz zu schweigen davon, dass – was in seinem Ressort kein Geheimnis blieb – sein Nachfolger als Sozialminister, Rudolf Hundstorfer (SPÖ), alles andere als begeistert war, als Buchinger erstmals in Karenz ging. Denn dies war schlicht und einfach nicht vorgesehen. Es musste daher zuerst eine gesetzliche Basis gezimmert werden.

Politikerinnen klagen wie auch leitende weibliche Angestellte darüber, dass Sitzungstermine oft erst am frühen Abend beginnen und dann stundenlang dauern. Die so oft gepredigte Familienfreundlichkeit sieht anders aus. Auf Gemeindeebene sind abendliche Treffen sogar noch häufiger. Das wird von Bundespolitikerinnen auch als ein Hauptgrund genannt, warum Frauen als Bürgermeisterinnen gemessen am Bevölkerungsanteil stark unterrepräsentiert sind.

Würde der werdende Vater Klug die zuständige von der ÖVP gestellte Familienministerin, Sophie Karmasin, um Rat bitten, so könnte er aus ihrem Munde, wie auch „Die Presse“, eine Warnung hören. Es sei oft ein typisch männliches Verhalten, sich ein paar Termine für die Kinder freizuhalten. Aber Kinderbetreuung funktioniere anders und halte sich an keine Uhrzeiten, erläutert Karmasin.

Notfalls Einsatz von Skype

„Ich versuche nicht, mehr als zwei Abendtermine die Woche einzuplanen.“ Und: „Ich habe ein eigenes Handy für meine Familie.“ Die Nummer dafür hätten nur wenige Ausgewählte – darunter ihre Kinder –, und das Telefon sei nie auf lautlos geschaltet. Die Vereinbarkeit sei „schwierig, aber meistens funktioniert es“, sagt die Ministerin. Wenn sie auf Klausuren oder etwas weiter weg von zu Hause ist, dann würde sie mit der Familie telefonieren oder via Internet über Skype videotelefonieren.

Varianten mit kürzerer Karenzzeit und höherem Kindergeld haben in der jüngeren Vergangenheit bei Österreichs Eltern dazu geführt, dass diese die Karenzzeit öfter teilen und Väter bei ihrem Baby daheimbleiben. Einen Vorteil gegenüber vielen Eltern, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, haben Spitzenpolitiker allerdings. Mit ihren im Vergleich zu Durchschnittsverdienern viel höheren Bezügen lassen sich naturgemäß leichter Hilfen für die Betreuung der eigenen Kinder organisieren. Kuscheln auf Distanz geht freilich auch für Politiker(innen) nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.