Spindelegger: „Staatsschuld bis 2016 auf 75 Prozent“

Finanzminister Michael Spindelegger
Finanzminister Michael Spindelegger(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das Defizit 2014 werde unter drei Prozent bleiben, erklärt Finanzminister Michael Spindelegger, der bald eine Steuerreform möchte. Aber nicht dieses und auch nicht nächstes Jahr.

Die Presse: Wie oft haben Sie es eigentlich schon bereut, den Posten des Finanzministers übernommen zu haben?

Michael Spindelegger: Das Haus hier ist ganz etwas anderes als das Außenministerium, es ist ganz anders aufgestellt. Fünf Jahre Minster in einem Bereich zu sein ist schön und interessant, aber die Finanz ist etwas völlig Neues, und das ist gut.

Muss ich Sie an das achte Gebot erinnern?

(Lacht) Nein, ich kenne es.

Gibt es irgendwelche positiven Nachrichten, mit denen Sie uns bei der Budgetrede am kommenden Dienstag überraschen?

Ich glaube schon, dass jeder, dem Österreich wichtig ist, es als gute Nachricht sieht, dass wir eine Trendwende herbeiführen: Erstmals seit vielen Jahrzehnten wird der Staat ab 2016 mit dem auskommen, was er einnimmt. Das ist schon eine bemerkenswerte Wende, dass wir mit dem Aufbauen eines Schuldenbergs Schluss machen.

Die EU hätte gern, dass wir das strukturelle Nulldefizit schon 2015 erreichen.

Ja, und ich stehe auch zu den Regeln, die die EU entwickelt hat. Wir wollen keine Aufweichung. Wir können das strukturelle Nulldefizit aber 2015 aufgrund der Finanzmarktsituation – Stichwort: Bankenstabilisierung – nicht erbringen. Aber wir werden es als eines von wenigen Ländern 2016 schaffen.

Wird es Konsequenzen haben, dass wir es 2015 nicht schaffen?

Ich hoffe, dass wir mit den Begründungen – etwa Hypo – auch die EU-Kommission überzeugen können. Außerdem zeigen wir durch den Verlauf bis 2018, dass es uns bei der Trendumkehr bei Schulden und Defizit ernst ist.

Werden wir die Vorgabe von drei Prozent Neuverschuldung schaffen, trotz der Hypo Alpe Adria?

Das werden wir schaffen, ja. Es ist notwendig zu zeigen, dass wir trotz dieser schwierigen Situation diese Marke unterschreiten.

Wo werden wir uns bei der Staatsschuld bewegen?

Wir bleiben knapp unter der 80-Prozent-Marke. Das möchte ich aber bis 2016 wieder auf 75 Prozent reduzieren und weiter abbauen.

Ein Schuldenabbau von fünf Prozent entspricht etwa zwölf Milliarden Euro. Das ist für zwei Jahre eine harte Vorgabe.

Das ist mit den strukturellen Reformen möglich. Zudem gehen wir von einem Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent aus.

Vor der Wahl wurden uns ja große Steuererleichterungen versprochen. Davon sind wir weit entfernt. War man naiv, oder hat man einfach gelogen?

Man kann in Zahlen nachvollziehen, was sich verändert hat. Die Wirtschaftsprognosen sind ständig gesunken, im Dezember 2011 sprach das Wifo für 2013 von einem Wachstum von 1,6 Prozent. Ende 2012 war es ein Prozent, Ende 2013 wissen wir, wir sind um 0,4 Prozent gewachsen. Allein diese Spanne zeigt, wie viel uns entgangen ist. Ich will eine Entlastung der Steuerzahler, aber nur, wenn sie leistbar ist und nicht durch neue Schulden finanziert werden muss.

Wann wird sie leistbar sein?

Ich kann keine Zahl nennen. Aber für 2014 und 2015 nicht.

Womit der Staat weiter gut verdient dank der kalten Progression, die uns alle Gehaltserhöhungen wegnimmt.

Ein Schritt nach dem anderen. Zuerst muss das Schuldenproblem stabilisiert sein. Als Nächstes müssen wir sicherstellen, dass der Bürger, der fleißig ist und mehr arbeitet, auch mehr bekommt.

Wo setzt man an?

Der Eingangssteuersatz ist aus meiner Sicht zu hoch. Da gibt es eine Schwelle zwischen arbeiten und nicht arbeiten, die eigentlich wenig Konsequenzen hat. Da gibt es einige, die sagen, wenn mir so viel weggenommen wird, dann arbeite ich eben nicht. Es muss sich aber wieder lohnen zu arbeiten. Mit einem Eingangssteuersatz in Richtung 25 Prozent ist das möglich, und ich kann alle entlasten.

Ihr Koalitionspartner würde das gern mit einer sogenannten Millionärssteuer gegenfinanzieren. Bleibt die ÖVP bei ihrem strikten Nein?

Jemand, der so etwas sagt, muss erst einmal auf den Tisch legen, wie er das konkret machen will. Man darf nicht einem Populismus nachgeben, sondern muss in der Frage seriös bleiben und zeigen, was man damit bewirken möchte. Wenn ich das einfach behaupte, ohne die genauen Überlegungen vorzustellen, ist das schlicht unseriös.

Noch einmal zu möglichen positiven Nachrichten aus dem Finanzressort: Gibt es irgendetwas, das die Menschen direkt betrifft?

Weniger Schulden betrifft die Menschen sehr wohl. Ich habe selbst zwei Kinder, es ist doch schön, wenn man denen keinen neuen Schuldenrucksack weitergibt.

Noch lieber würden die Österreichern ihnen wahrscheinlich ein neues iPad weitergeben.

Das ist schön, das unterstütze ich auch. Aber meine Kinder haben auch kein iPad.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2014)

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