Zitiert oder geklaut? Die Textpassagen

Stefan Weber hat die von ihm kritisierten Passagen zusammengestellt: Die entsprechenden Stellen in Johannes Hahns "Perspektiven der Philosophie heute" und Leopold Kohrs "Die überentwickelten Nationen."

Im Anschluss eine vom Salzburger Medienwissenschafter Stefan Weber vorgelegte Gegenüberstellung von Textstellen aus der 1987 eingereichten Dissertation von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) zum Thema "Perspektiven der Philosophie heute - dargestellt am Phänomen Stadt" und Leopold Kohrs einige Jahre zuvor erschienenem Buch "Die überentwickelten Nationen". Die vollständigen Texte lagen nicht vor. Auch die Formatierung der Textpassagen, die nach Regeln der Wissenschaft Fließtext und Zitat unterscheidet, kann hier nicht originalgetreu wiedergegeben werden.

Textpassage 1 

Hahn:

" 'Die politische Gesellschaft': Die Spezialisierung entspricht zwar den Bedürfnissen des geselligen als auch des wirtschaftlichen Optimismus einer Gesellschaft, aber sie läßt andererseits Schwierigkeiten aufkommen, die es vorher nicht gab. Sobald nämlich der Mensch seinen Lebensunterhalt durch Warentausch erwirbt, entstehen auch Streitigkeiten über den Wert dieser Waren. Und wenn erst einmal Streit entsteht, kann es unter den Menschen einer Gemeinschaft zu Tätlichkeiten kommen. Die dafür notwendige Exekutive, legistische, judizielle aber auch administrative Gewalt muß erst geschaffen werden. Keine kann von den Individuen zusätzlich bewältigt werden. So entwickelt sich aus der wirtschaftlichen Funktion wiederum eine neue, die nur die Gesellschaft als Ganzes zu erfüllen vermag, die politische Funktion."

Kohr:

" 'Die politische Gesellschaft': Nun entspricht die Spezialisierung zwar sowohl den Bedürfnissen des geselligen als auch des wirtschaftlichen Optimismus einer Gemeinschaft, aber sie läßt andererseits Schwierigkeiten aufkommen, die es vorher nicht gab. Sobald nämlich der Mensch seinen Lebensunterhalt durch Warentausch erwirbt, entstehen auch Streitigkeiten über den Wert dieser Waren. Und wenn erst einmal Streit entsteht, kann es unter den Menschen einer Gemeinschaft zu Tätlichkeiten kommen. Um die Vorteile ihres Gemeinschaftslebens zu erhalten, muß daher eine richterliche und polizeiliche Gewalt geschaffen werden, und da eine im Wohlstand lebendeGesellschaft der Gefahr des Angriffs von neidischen Nachbarn ausgesetzt ist, müssen Verteidigungsmaßnahmen getroffen werden. Doch keine dieser neuen Aufgaben - Ordnung, recht, Verteidigung - kann von Individuen bewältigt werden. So entwickelt sich denn, genau wie die gesellige Funktion zur wirtschaftlichen führte, aus der wirtschaftlichen Funktion wiederum eine dritte Funktion, die nur die Gesellschaft als Ganzes zu erfüllen vermag, die politische Funktion."

Textpassage 2 

Hahn:

"Interessanterweise haben die meisten Schilderer utopischer Gesellschaften für ihre vollkommenen Staaten ähnliche Bevölkerungszahlen vorgesehen, je nach dem, ob sie lediglich gesellig-wirtschaftliche oder auch politische Funktionen im Sinne hatten. PLATO hielt eine Bevölkerung von 5040 Menschen für die beste. In den Städten von Thomas MORUS' UTOPIA lebten 6000 Familien. Charles FOURRIERS Phalansterien umfaßten 400 bis 600 Familien oder 1500 bis 1600 Menschen. Robert OWENS Parallelogramme hatten 500 bis 2000 Mitglieder und Horace GREELEYS Genossenschaften 'einige hundert bis ein paar tausend' ".

Kohr:

"Merkwürdigerweise haben die meisten Schilderer utopischer Gesellschaften für ihre vollkommenen Staaten ähnliche Bevölkerungsgrößen vorgesehen, je nachdem, ob sie lediglich gesellig-wirtschaftliche oder auch politische Funktionen im Sinne hatten. Plato hielt eine Bevölkerung von 5.040 Menschen für die beste. In den Städten von Thomas Morus' Utopia lebten 6.000 Familien. Charles Fourriers Phalansterien umfaßten 400 bis 600 Familien oder 1.500 bis 1.600 Menschen. Robert Owens Parallelogramme hatten 500 bis 2.000 Mitglieder und Horace Greeleys Genossenschaften 'einige hundert bis ein paar tausend' ".

(APA)


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