Bildung: Entwicklungstests für Dreijährige?

(c) APA (Clemens Fabry)
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Die ÖVP will Bildungsvorgaben für die ganz Kleinen erarbeiten. Kritik kommt vom Koalitionspartner und den Grünen. Auch Entwicklungs-Psychologen halten davon wenig.

VP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer heizt die Bildungsdebatte innerhalb der Großen Koalition an. Im Kurier-Gespräch drängt er auf neue Leistungstests: Mit Hilfe von Entwicklungspsychologen will er festschreiben, was ein Kind mit drei oder vier Jahren können sollte. Neugebauer will die Bildungsstandards erweitern, die derzeit festlegen, was Schüler können sollen.

Die SPÖ reagiert darauf kritisch. SP-Kindersprecherin Elisabeth Grossmann lehnt den Vorschlag ab und verweist darauf, dass Kinder sich spielerisch entwickeln können sollen.

»"Wir wissen, dass Kinder unterschiedliche Geschwindigkeiten haben sich zu entwickeln. Wenn die ÖVP jetzt noch früher Eltern durch Standardisierungen und Leistungskataloge verunsichern will, dann erhöht sich der Druck auf die Kinder und Familien immer mehr und immer früher"«

Elisabeth Grossmann

Die SPÖ wirft der ÖVP vor, dass sich bei ihr die Debatte nur um Auslese-Tests, Disziplinierungsinstrumente und weitere Bildungsbarrieren drehe.

"Was kommt als nächstes? Intelligenztests auf der Säulingsstation?", kritisierte die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, die Vorschläge Neugebauers. Anstatt einen weiteren Vorstoß in Richtung Testen, Prüfen, Aussortieren zu unternehmen, sollten Änderungen im System vorgenommen werden, welche die Bildungssituation aller Kinder verbesserten, so Glawischnig.

Solche Maßnahmen wären "kostenlose Frühförderung für alle Kinder ab drei, Bildungspläne für den Kindergarten, Verbesserungen in der Ausbildung und Anerkennung von Kleinkind-Pädagoginnen und -Pädagogen sowie ein Anrecht auf einen Kindergartenplatz".

Entwicklungstests ungeeignet für Laien

Entwicklungstests für Kinder gibt es schon, die muss man nicht neu erfinden. Aber sie gehören nicht in die Hände von Laien. So kommentierte die Entwicklungspsychologin Christiane Spiel von der Universität Wien die Forderungen von ÖVP-Bildungssprecher Fritz Neugebauer.

Entwicklungstests seien dazu geeignet, sowohl Rückstände als auch Vorsprünge in der Entwicklung eines Kindes aufzuspüren, erklärte Spiel. Allerdings müssten die Ergebnisse im Kontext des gesamten Umfelds des Kindes gesehen und interpretiert werden. Dies sei nur durch Experten - etwa Entwicklungspsychologen - sinnvoll, betonte die Wissenschafterin. Eine Standardisierung und eine Beurteilung solcher Tests durch Laien sei problematisch.

Große Bandbreite bei Entwicklung

Die Entwicklungen speziell von Kleinkindern würden eine sehr große Bandbreite zeigen. Etwa wann Kinder zu sprechen beginnen, kann enorm variieren, ohne dass daraus Defizite abzuleiten seien. Tests, welcher Art auch immer, sollte stets dazu dienen, die Entwicklung von Kindern zu fördern.  (APA/Red.)

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