"Asylgerichtshof gewaltiger Fußtritt für Rechtsstaat"

(c) APA (Helmut Fohringer)
  • Drucken

Verfassungsrechtler Heinz Mayer kritisiert den "unverschämten Umgang" mit von der Verfassung geschützten Rechten. Die Entrümpelung des Verfassungstextes ist für ihn dagegen ein "großer Wurf".

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer hat der Großen Koalition am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal" einen "sehr unverschämten Umgang" mit der Verfassung vorgeworfen. Anlass dafür war vor allem die für Mittwoch geplante Schaffung des Asylgerichtshofes. "Das Gesetz ist ein gewaltiger Fußtritt für den Rechtsstaat", erklärte der Verfassungsexperte.

Hier werde ein tiefer Eingriff in den Rechtsstaat verfügt, "ohne Begutachtungsverfahren, ohne den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes zu hören, ohne die Wissenschaft zu hören, ohne sich auseinanderzusetzen mit den Gegenargumenten, es wird mit falschen Zahlen operiert in der Öffentlichkeit. Also das ist ganz sicher eine ganz üble Sache", sagte Mayer.

Durch die geplante Gesetzesänderung schaffe man erstmals die Möglichkeit ab, dass sich jemand gegen letztinstanzliche Bescheide der Behörden beim Verwaltungsgerichtshof beschweren kann. Dies hätte es, wie Mayer erklärte, zwar schon bisher gegeben - "allerdings nur in Ausnahmefällen, nicht in ganzen Rechtsbereichen und schon gar nicht in so existenziellen wie dem Asylrecht."

Nun müsse man die Auswirkungen abwarten. Mayer befürchtet, dass der "Ballast", der jetzt beim Bundesasylsenat liegt, dann über das Asylgericht den Verfassungsgerichtshof erreichen und lahmlegen wird. "Spätestens dann wird man sich überlegen müssen, wie man aus dem wieder rauskommt", so Mayer.

Sinnvolle Entrümplung der Verfassung

Die anstehende Entrümpelungsaktion der Verfassung - 800 Bestimmungen sollen am Mittwoch gestrichen werden, um die Verfassung zu vereinfachen - ist für den Verfassungsrechtler Mayer indes "ein großer Wurf". Bei den betroffenen Regelungen handle es sich um Verfassungsrecht, "das fast niemand kennt und völlig nutzlos ist und das eine ganz unübersichtliche Rechtslage herbeiführt". Künftig werde nicht mehr so oft eine versteckte Bestimmung auftauchen, deren Sinn fraglich ist.

Dennoch wäre nach Ansicht des Experten eine noch bessere Lösung möglich gewesen: "Ein noch größerer Wurf wäre es geworden, wenn man derartigen Unfug für die Zukunft verhindert hätte und ein sogenanntes Inkorporationsgebot in die Verfassung aufgenommen hätte", sagte Mayer. "Sonst sitzen wir in einem Jahr wieder hier und überlegen, wie wir den ganzen Schutt wegbringen." Das würde bedeuten, dass man Verfassungsrecht nur durch eine Änderung der Verfassung selbst ändern könnte - und nicht durch Änderungen in anderen Einzelgesetzen wie im Ökostromgesetz oder im Einkommenssteuerrecht. (APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.