Fremdenrecht: Ruf nach Totalreform

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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VfGh-Chef Korinek mahnt im „Presse“-Interview: Unlösbare Widersprüche im Asyl- und Fremdenrecht. Innenminister Platter will die Gesetze erst 2009 auf Verbesserungsmöglichkeiten prüfen.

Wien. Ende April legt er sein Amt aus Gesundheitsgründen nieder – zuvor übt Verfassungsgerichtshof-Präsident Karl Korinek aber noch deutliche Kritik am Gesetzgeber: Das Problem des mangelnden Zusammenpassens von Asyl- und Fremdenrecht „ist einfach nicht gelöst“, beklagt Korinek im „Presse“-Interview. Künftig müsse klar sein, dass eine bestimmte Entscheidung Konsequenzen in anderen Bereichen hat.

Das Problem: Momentan widersprechen einander die verschiedenen Vorschriften für Fremde (Asylgesetz, Fremdenpolizeigesetz, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, Ausländer-Beschäftigungsgesetz) teilweise „sogar innerhalb der eigenen Gesetze“, wie Korinek feststellt. Überdies verursache die „Zersplitterung“ der fremdenrechtlichen Verfahren oft die lange Dauer bis zur Entscheidung über den Verbleib des Ausländers.

Auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) selbst muss sich häufig mit dem Fremdenrecht auseinandersetzen. Allein in der vergangenen Woche wurden in fünf Fällen Ausweisungen aufgehoben. Die Behörden hatten die Voraussetzungen für einen Verbleib in Österreich mangelhaft geprüft.

Integration: Konzept vor Sommer

So schnell wird es die von Korinek gewünschten Reformen aber nicht geben. Innenminister Günther Platter verweist in diesem Zusammenhang nur darauf, dass die Gesetze ab 2009 evaluiert werden. Eine Vorgangsweise, die bei Korinek nicht gerade für Freudensprünge sorgt. „Das regt mich ein wenig auf, dass immer dann, wenn Fehler entdeckt werden, erklärt wird, das müsse erst evaluiert werden“, sagt der VfGH-Chef. Es gehe schließlich um zentrale Grundrechte.

Im Mittelpunkt steht für Platter momentan aber die Integration von in Österreich legal lebenden Menschen. Noch vor dem Sommer präsentiere er in diesem Zusammenhang ein umfangreiches Maßnahmepaket, kündigte Platter im Gespräch mit der „Presse“ an. Der zentrale Punkt werde dabei das Erlernen der deutschen Sprache sein, betont Platter. Tatsächlich dürften die neuen Maßnahmen viele Menschen betreffen, weil der Teil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund beträchtlich ist.

Arigona Zogaj muss gehen

Keine Auswirkung wird das geplante Integrationspaket wohl auf die Kosovarin Arigona Zogaj haben. Das mit ihrer Familie illegal nach Österreich eingereiste Mädchen muss im Sommer nach Ende der Schulausbildung Österreich verlassen. Daran würden auch die zuletzt zwei neuen beim VfGH eingebrachten Beschwerden Zogajs nichts ändern, betonte Platter am Donnerstag: „Die Entscheidung ist getroffen.“Zogaj bekämpft vor dem VfGH die Entscheidung Platters, wonach ihr kein humanitärer Aufenthalt gewährt wird. Das Einbringen der Beschwerden verhindert die Abschiebung aber noch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2008)

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