Während die Steuerreform weiter für heftige Debatten sorgt, kritisieren Experten das aktuelle Budget.
Wien. Die Debatte um eine baldige Steuerreform geht weiter. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder präsentierte am Donnerstag im ORF-Radio ihren Vorschlag: Der Eingangssteuersatz soll von 36 auf 25 Prozent gesenkt, im Gegenzug aber Ausnahmen gestrichen werden. Wichtigste Ausnahme: Die Begünstigung des 13. und 14. Monatsgehalts.
Das lehnte postwendend die Gewerkschaft ab: Damit würde man den Arbeitnehmern das Geld aus der einen Tasche ziehen, um es großzügig in die andere Tasche zu stecken, kritisierte ÖGB-Präsident Erich Foglar. Er pocht weiterhin darauf, dass „Millionäre“ über eine Vermögensabgabe die Gegenfinanzierung der Steuerreform sicherstellen.
Eine Vermögenssteuer forderten am Donnerstag auch die Grünen. Diese solle allerdings befristet sein und zum Abbau der Schulden aus dem Bankenhilfspaket verwendet werden. Die Bankenabgabe reiche dafür nämlich nicht aus, sagt Budgetsprecher Bruno Rossmann. Als Dauerlösung will Rossmann die Vermögensabgabe nicht, wohl aber aus Gründen der „Leistungsgerechtigkeit“ eine Erbschaftssteuer.
ÖVP steht auf der Bremse
Die ÖVP steht bei der Steuerreform weiterhin auf der Bremse. Es könne natürlich niemand gegen eine Steuerreform sein, sagte Klubobmann Reinhold Lopatka. Er verstehe den Unmut Einzelner, aber die Steuerreform dürfe eben nicht auf auf Kosten von Schulden gehen. Denn das würden am Ende wieder die Arbeitnehmer zahlen. Lopatka will eine „redliche“ Steuerreform, und die könne 2015 noch nicht in Kraft treten. In den letzten Tagen hatte es auch in der ÖVP Stimmen gegeben, die für eine baldige Entlastung plädierten.
Um das aktuelle Budget ging es am Donnerstag im Parlament: Beim traditionellen „Budgethearing“ fanden die von den Parteien nominierten Experten durchwegs kritische Worte für den Voranschlag für 2014 und 2015 – allerdings von unterschiedlichen Positionen aus.
Die von der FPÖ nominierte Barbara Kolm vom Hayek-Institut etwa kritisierte die hohe Verschuldung und die hohe Abgabenquote in Österreich. Es brauche mutige Reformen mit „dramatischen Kürzungen“, um eine echte Entlastung erreichen zu können.
SPÖ-Experte Markus Marterbauer dagegen sprach von einem „erstaunlich niedrigen Defizit“ und einer „Defizithysterie“, die den Blick auf die Erfolge verstellen würde. In Österreich habe man durch einen stabilen Sozialstaat eine geringere Nachfragedämpfung als in anderen EU-Staaten. Der Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung der Arbeiterkammer sieht dagegen zu wenig Maßnahmen gegen das „tatsächliche Hauptproblem“, nämlich die hohe Zahl der Arbeitslosen. Eine niedrigere Abgabenquote würde seiner Ansicht nach Verschlechterungen im Gesundheits- und Sozialsystem mit sich bringen.
ÖVP-Experte Ulrich Schuh, Chef des industrienahen Eco-Instituts Austria, sah diese Problematik ebenfalls. Generell meinte er, die Finanz- und Wirtschaftskrise habe den Wachstumspfad um etwa fünf Prozent abgesenkt, in diesem Zusammenhang sei das Budget doch „sehr positiv zu beurteilen“. Nur Deutschland habe eine niedrigere Netto-Neuverschuldung als Österreich aufzuweisen. Das Erreichen des strukturelles Defizits 2016 erscheine ihm „durchaus realistisch“.
Versäumte Möglichkeiten
Der von den Grünen nominierte Kurt Bayer, ein früherer Mitarbeiter im Finanzministerium, sprach von einem „Budget der versäumten Möglichkeiten“. Es handle sich um ein restriktives Budget, höhere Arbeitslosigkeit werde die Folge sein. Die derzeitige Niedrigzinsphase sollte man nützen, um zukunftswirksame Investitionen zu finanzieren.
Gegenteilig die Ansicht der Experten von Neos und Team Stronach: Sie legten ihren Fokus auf die hohe Verschuldung und die hohe Steuerlast. (maf)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2014)