Abrüstungsbefehl für das Bundesheer

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Ein Budget von 1,8 Milliarden Euro und weitere Kürzungen in Sicht: Wird der Sparkurs beim Bundesheer fortgesetzt, könnte es beim nächsten großen Assistenzeinsatz zu massiven Problemen kommen.

Wien. An diesem Wochenende hatte man (verhältnismäßig) Glück: Das Tief Yvette zog sich bereits am Samstag wieder zurück. Trotzdem rückte das Bundesheer zum Assistenzeinsatz aus: In Niederösterreich standen etwa 287Soldaten im Einsatz. Mit dem schweren Unwetter, das vor knapp einem Jahr über Österreich wütete, waren die Regenfälle allerdings nicht vergleichbar: Damals war die Truppe mit insgesamt 4600 Soldaten vertreten. In 405 Flugstunden transportierten die Luftstreitkräfte 1366 Personen und 1717 Tonnen Material.

Obwohl laut Meteorologen Überschwemmungen immer häufiger werden, ist das Militär nicht dafür gerüstet. Im Gegenteil: Bereits in einigen Jahren könnte die Armee nicht mehr in dieser Form bei Naturkatastrophen präsent sein, warnen Experten aus dem Bundesheer. Sollte die Regierung ihren strikten Sparkurs fortsetzen, könnte es beim nächsten großen Assistenzeinsatz zu massiven Einschränkungen kommen und die Katastrophenhilfe des Heeres generell gefährdet sein.

Das größte Problem: Vom derzeitigen Budget von 1,8Milliarden Euro sind rund 1,3Milliarden Euro bereits fix für Personalkosten verbucht. Für Investitionen bleibt so gut wie kein Geld übrig. Doch das Gerät ist zum Teil veraltet – oder muss in den nächsten Jahren dringend modernisiert werden.

Ein Beispiel dafür ist die Black-Hawk-Hubschrauberflotte, die auch beim Katastrophenschutz zum Einsatz kommt. Im Jahr 2018 muss die Technik für die Nachtsichtfähigkeit erneuert werden. Geschieht dies nicht, bekommen die Hubschrauber von der Herstellerfirma nicht das Zertifikat, um weiterfliegen zu können. Im Jahr 2020 sollen außerdem die Bildschirme ersetzt werden. Kostenpunkt: bis zu 80 Millionen Euro. Gibt es dafür kein Geld, müssen die Black Hawks am Boden bleiben. Den Plan, die Flotte von neun auf zwölf Hubschrauber zu erweitern, hat man ohnehin schon längst verworfen.

Eurofighter bald nicht mehr flugfähig?

Ähnlich ist es mit den Eurofightern: Sie könnten bereits in sechs Jahren nicht mehr flugfähig sein. Auch dort gibt der Hersteller, also die Firma EADS, vor, dass der sogenannte Service-Support der Jets am Boden erneuert werden muss. Und auch das kostet einiges an Geld: 120 Millionen Euro.

Der Geldmangel macht sich auch hier schon bemerkbar: Seit April sind nur noch zwölf der insgesamt 18 Kampfjetpiloten im Einsatz. Weniger Personal, das weniger fliegt–das soll das Budget des Heeres entlasten. In Zukunft plant man, bei Piloten, Technikern und Flugstunden noch mehr zu sparen.

Um sich zumindest die nötigsten Investitionen leisten zu können, wird jetzt gestrichen und gespart: Fahrzeuge, deren Reparatur mehr als 2000 Euro kosten würde, werden ausgemustert. Ersetzt wird aber nur ein Bruchteil davon. Hier wird auch bei der Qualität gespart. Die Geländefahrzeuge Pinzgauer werden etwa durch Mitsubishi-Pick-ups ersetzt, die im Gelände bei Weitem nicht dasselbe leisten können. Auch Ersatzteile werden seit zwei Monaten nicht mehr angekauft.

Im Ausland könnte es ebenfalls bald an schwerem Gerät fehlen. Bei den Missionen wird aber ohnehin schon der Sparstift angesetzt. Allerdings möglichst unauffällig: Die Aufstockung der Truppe im Kosovo wurde etwa auf den spätesten Termin verlegt, um bei den Löhnen zu sparen.

Spannungen innerhalb der Truppe

Die Sparmaßnahmen sorgen jedenfalls jetzt schon für Spannungen innerhalb des Heeres. So kritisieren Truppenoffiziere, dass sie gegenüber Generalstabsoffizieren (GO) benachteiligt würden. „Wenn gespart wird, dann bei uns und bei der Truppe, aber nicht bei den GO“, meint ein hochrangiger Truppenoffizier zur „Presse“. Die Motivation, die er dahinter vermutet: „GO entscheiden, wo gespart wird – und sie sparen nicht bei ihresgleichen.“

Als Beispiel nennt er, dass Dienstreisen innerhalb Österreichs kaum und wenn, dann nur mit viel bürokratischem Aufwand genehmigt würden. „Gleichzeitig schickt man aber den Militärberater aus New York auf Erkundung nach Afrika, obwohl es dort Militärattachés gibt.“

Auch sei für GO-Kurse „immer Geld da“, der Fachhochschul-Masterstudiengang Militärische Führung an der Landesverteidigungsakademie in Wien werde dagegen ausgesetzt. Auch würden GO nach einer Auslandsverwendung an 900er-Arbeitsplätze (Arbeitsplätze für Personen, für die man keine wirkliche Verwendung hat) in Graz gesetzt, aber in Wien dienstzugeteilt, womit sie Zulagen erhielten. „Gleichzeitig kann man nicht mit Panzern üben, weil man beim Treibstoff sparen muss.“

Das sind aber nur die ersten, kurzfristigen Sparmaßnahmen. Der Generalstab soll bis zum Spätsommer eine große Reform ausarbeiten – und zwar „ohne Tabus“, wie dies Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) ankündigte. Versprochen wurde sie oft. Doch diesmal scheint kein Weg daran vorbeizuführen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2014)

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