Noch „ein weiter Weg“ zur Informationsfreiheit

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Amtsgeheimnis. Die Vorgangsweise von Minister Ostermayer ist beim Koalitionspartner umstritten. Die Opposition knüpft ihre Zustimmung an Bedingungen

Wien. Wolfgang Gerstl, Verfassungssprecher der ÖVP, ist nicht erfreut. Vor dem Sommer habe man die verfassungsrechtlichen Grundlagen zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses im Parlament beschließen wollen, betont er. „Aber das können wir mit der jetzigen Vorgangsweise wahrscheinlich vergessen“, sagt Gerstl zur „Presse“.

Die Kritik richtet sich gegen Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ). Er lädt nun, nachdem der Entwurf in Begutachtung gewesen ist, zu einem Treffen mit den Parlamentsklubs. „Ich bin überrascht über diese Vorgangsweise“, erklärt Gerstl. Er würde sich wünschen, dass die „überfällige“ Regierungsvorlage schon stehe und das Parlament ans Werk gelassen werde. Im Nationalrat könne man dann das Gesetz im Licht der bisherigen Kritik bestmöglich verändern. Dass stattdessen nun die Parlamentarier, die das Gesetz eigentlich beschließen, vom Minister für seine Vorlage herangezogen werden, sei nicht der beste Weg.

Ostermayer hatte per Brief Abgeordnete und Referenten der Parlamentsklubs eingeladen, um mit Experten des im Kanzleramt angesiedelten Verfassungsdiensts zu diskutieren. Vielleicht habe es ein Missverständnis gegeben, hieß es am Montag aus Ostermayers Büro. Man wolle ja nicht, dass die Abgeordneten ins Kanzleramt kommen müssten. Es gehe nur um eine Diskussion mit den Experten der Parlamentsklubs, die Runde solle auch im Hohen Haus selbst stattfinden. Als Zeithorizont schwebt Ostermayer ein Beschluss „im Sommer“ vor, wobei er den Beschluss im Ministerrat meint. Das Gesetz soll ab 2016 gelten.

Während in der Begutachtung öffentliche Stellen Angst vor zu viel Transparenz zeigten (so fürchtete das Unterrichtsministerium, dass Schüler Prüfungsthemen erfragen könnten), bemängelten Kritiker, dass den Ämtern viele Ausweichmöglichkeiten blieben. Über die in der Verfassung genannten Ausnahmen für die Transparenz (etwa öffentliche Sicherheit) hinaus können laut Entwurf auch noch per einfachem Gesetz weitere Schweigepflichten angeordnet werden, und zwar auch von den Bundesländern. Staatssekretär Josef Ostermayer betont hingegen, einen guten Mittelweg gewählt zu haben. Das Amtsgeheimnis werde zur Ausnahme, bleibe aber, wenn nötig, gewahrt.

Feilschen um Details

ÖVP-Jugendsprecher Asdin El Habbassi will ein „Zurück an den Start“. Ihn stört etwa, dass im Gesetz kein Informationsbeauftragter vorgesehen ist, sondern dass Bürger, die keine Informationen erhalten, zu Gericht gehen müssen. El Habbassis Vorstoß war mit JVP-Chef Sebastian Kurz abgesprochen. In der Stellungnahme des Außenministeriums zu Ostermayers Entwurf ist von derartiger Kritik aber nichts zu finden.

Für das Verfassungsgesetz ist die Zustimmung der Opposition nötig. Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen, will aber zeitgleich auch bei den einfachen Gesetzen, die die Details regeln, einbezogen werden. Er stelle der Koalition sicher „keinen Blankoscheck“ aus, sagt Steinhauser, der den von Ostermayer angepeilten runden Tisch befürwortet. Vor Herbst werde sich aber ein Beschluss im Parlament nicht ausgehen, meint der Oppositionelle: „Es ist noch ein weiter Weg, der vor uns liegt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2014)

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