Flüchtlinge: „Das Asylsystem gehört reformiert“

Andreas Babler
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Die Länder erfüllen die vereinbarten Quoten zur Unterbringung der Asylwerber nicht. Salzburger Bürgermeister fordert eine Neuaufteilung und die Arbeitserlaubnis für Asylsuchende.

Eben im Pongau/Wien. Bis zu 50 Asylwerber hätten in einem Gasthaus in der Tourismusgemeinde Eben im Pongau einquartiert werden sollen. Nach Protesten von Anrainern ist das Vorhaben seit vergangener Woche vom Tisch. Nicht aber das Grundproblem der Unterbringung und Aufteilung von Flüchtlingen in den Bundesländern. Zehn Jahre nach der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Grundversorgung erfüllt der Großteil der Länder mit Ausnahme von Wien und Niederösterreich (siehe Grafik) die vereinbarten Quoten nicht.

Andreas Babler, neuer SPÖ-Bürgermeister von Traiskirchen, wo im Erstaufnahmezentrum 1300 Asylwerber warten, hat deswegen jetzt auch die Volksanwaltschaft eingeschaltet. Heute, Mittwoch, kommt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) selbst ins Lager nach Traiskirchen, um sich ein Bild zu machen. Die Bundesregierung trommelt nun im Juni die Landeshauptleute – wieder einmal – zusammen, um die Schwierigkeiten der Unterbringung zu lösen.

Für Herbert Farmer, den ÖVP-Bürgermeister der 2300 Einwohner zählenden Gemeinde Eben, ist es mit einem Treffen wegen der Aufteilungsquote allein nicht getan. „Das ganze System gehört dringend reformiert“, fordert Farmer im Gespräch mit der „Presse“. Das sei auch zum Wohle der Asylwerber selbst. Demnach müssten die Flüchtlinge künftig im Verhältnis 60 zu 40 zwischen Städten bzw. Großgemeinden und kleineren Kommunen untergebracht werden. Außerdem plädiert er dafür, Asylwerbern eine Arbeitserlaubnis über die bisher mögliche geringfügige gemeinnützige Arbeit hinaus einzuräumen. Das ist bisher von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) trotz entsprechender Forderungen aus der eigenen Partei, allerdings nicht zuletzt wegen der hohen Arbeitslosenrate, abgelehnt worden. Wo solle es in einer kleinen Gemeinde wie Eben Arbeitsplätze für 50 Asylsuchende geben?, fragt Farmer. Ginge es nach dem Bevölkerungsschlüssel, kämen nur fünf Asylwerber nach Eben. 50 wären „in keiner Weise eine gerechte Belastung“.

Die Verteilung der Asylwerber errechnet sich nach der Einwohnerzahl eines Landes. Wien übererfüllt die Quote laut Insidern vor allem deswegen, weil sich dort viele bereits rechtskräftig abgelehnte Asylwerber befinden, die auf die Abschiebung warten. Niederösterreich erfüllt die Quote, da Flüchtlinge in Traiskirchen einberechnet werden.

Die Presse

Fichtenbauer statt Kräuter

Auch wenn der Traiskirchner Bürgermeister den aus seiner Partei stammenden Volksanwalt Günther Kräuter um die Untersuchung des Lagers bat, wird dieser die Prüfung nicht vornehmen können. Laut interner Geschäftsaufteilung ist der von der FPÖ gestellte Volksanwalt Peter Fichtenbauer zuständig. Dieser werde daher auch die Prüfung vornehmen, bestätigte die Volksanwaltschaft der „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2014)

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