Ärzte sollen kürzer arbeiten

NATIONALRAT: HUNDSTORFER
NATIONALRAT: HUNDSTORFER(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Sozialminister Hundstorfer strebt eine Reduktion in Etappen an. Bei Rufbereitschaft und Ruhezeiten wird es weitere Gespräche geben.

Die EU macht Österreich Beine. Daher sollen in den kommenden Jahren die Arbeitszeiten der Spitalsärzte verkürzt werden. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hat dies nicht nur in der Vorwoche in einem Brief an die EU-Kommission zugesichert, um eine EU-Klage abzuwenden. Inzwischen hat der Ressortchef einen Vorschlag für eine schrittweise Reduktion der Arbeitszeiten der Ärzte in Spitälern beginnend ab dem kommenden Jahr bis 2021 ausarbeiten lassen. Nach Beratungen mit den Bundesländern am Dienstag erklärte Hundstorfer, Ende September die Neuregelung im Parlament einzubringen.
Die Europäische Union schreibt eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden für Spitalsärzte vor. In Österreich sind nach den geltenden Bestimmungen Dienste bis zu 72 Stunden pro Woche zulässig. Die zuständigen Landesräte stöhnen jetzt wegen der drohenden finanziellen Mehrbelastung für die Spitäler, bei denen Gemeinden und Länder vielfach Erhalter sind. Sie treten aber nicht nur deswegen für eine möglichst langfristige Übergangsphase bei der Beschränkung der maximal zulässigen Wochenarbeitszeit ein. Ländervertreter argumentieren außerdem, es stünden bei einer kurzfristigeren Umstellung nicht genug Mediziner zur Verfügung. Die Länder streben daher eine möglichst lange Übergangsfrist bei den Arbeitszeiten an.

Die Änderungen haben nicht nur für Differenzen zwischen dem SPÖ-Minister und den zuständigen ÖVP-Landesräten gesorgt. Im ORF-Radio hat sich am Dienstag die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) mit Kritik an den Plänen des Sozialministers zu Wort gemeldet, die „Stückwerk“ seien. Sie bedauerte überdies, dass es sich bei dem Vorhaben des Ministers bisher nicht um einen Gesetzesentwurf, sondern um ein informelles Papier handelt. Daraufhin kam es  im Laufe des Dienstags zu einer telefonischen Aussprache zwischen Hundstorfer und Wehsely, um die Differenzen zu bereinigen. Am Dienstagabend zeigte sich Wehsely dann zufrieden. Einen Beschluss gab es aber nur über den Zeitplan, nicht über die neuen Regeln. „Die Länder sind nicht das beschließende Organ, das ist der Nationalrat“, sagte Hundstorfer. Ausnahmeregelungen für Länder bei den Arbeitszeiten könne es jedenfalls nach 2021 nicht mehr geben, sagte der Minister. Diskutiert werden soll jedoch noch über Fragen der Rufbereitschaft und der Ruhezeiten.

1500 Landärzte fehlen

Wegen eines anderen Problems meldete sich Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger zu Wort. Demnach brauche Österreich in den nächsten zehn Jahren 1500 neue Ärzte auf dem Land. Mehr als die Hälfte, nämlich 56 Prozent der derzeit im ländlichen Raum tätigen niedergelassenen Ärzte würden in den nächsten zehn Jahren in Pension gehen. Rund ein Viertel der jetzigen Medizinstudenten in Österreich kommt ohnedies aus dem Ausland (vor allem Deutschland), sie dürften großteils wieder in ihre Heimat zurückkehren. Auch für junge ausgebildete Mediziner aus Österreich gäbe es im Ausland bessere Arbeitsbedingungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2014)

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