Spindelegger: „Gebe mich nicht für Schmäh bei Steuerreform her"

Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP)
Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP)(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Der Finanzminister lehnt eine höhere Grundsteuer ab. Von den Ländern fordert er bei Verwaltungskosten einen "fixen Deckel". Die SPÖ attackiert er wegen der ÖBB.

Bei Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) geben sich dieser Tage mehrere Experten die Klinke in die Hand - von Rechnungshofchef Josef Moser bis zum Wirtschaftsexperten Gottfried Haber.

Die Presse: Was können die Österreicher Ergebnisse von den Kommissionen zur Steuer- und Verwaltungsreform erwarten?

Michael Spindelegger: Ohne Strukturreformen ist der Spielraum nicht da, um die Steuerzahler nachhaltig zu entlasten. Ich gebe mich nicht her für eine Schmäh-Steuerreform, wo wir aus der linken Tasche etwas rausnehmen und in die rechte etwas reingeben. Ich will eine echte Steuerentlastung haben. Dazu bedarf es Strukturreformen: bei den ÖBB, bei Förderungen; in der Verwaltung und auch beim Thema Frühpensionen.

Ex-US-Präsident Bush hat gesagt: read my lips, no new taxes. Übersetzt hieße das: Unter ihrer Amtszeit als Finanzminister gibt es keine neuen Steuern oder Steuererhöhungen.

Michael Spindelegger: Ich will keine neuen Steuern, das betone ich mit drei Rufzeichen. Wir wissen, wie das läuft, wer Millionärssteuer sagt, zielt auf den Mittelstand. Daher stehe ich für solche Experimente nicht zur Verfügung.

Es gibt auch von ÖVP-Seite Pläne für neue oder höhere Steuern. Zuletzt hat Gemeindebundpräsident Mödlhammer eine moderate Erhöhung der Grundsteuer gefordert. Ist das für Sie bei der Steuerreform völlig undenkbar?

Michael Spindelegger: Jeder kann einen Diskussionsbeitrag leisten. Aber ich habe eine klare Linie, ich will Strukturreformen beginnen, statt über neue Steuern oder eine Erhöhung von Steuern nachzudenken.

Frage an den Experten: Es geistern zur Verwaltungsreform Zahlen über Milliardeneinsparungen herum. Was ist konkret bis 2018 realistisch?

Gottfried Haber: Man muss jetzt die Weichen stellen, wie eine Struktur- und Systemreform ausschaut. Dann kann man den Steuerentlastungseffekt schrittweise über die Jahre aufbauen. Es ist unrealistisch, dass man von heute auf morgen die für eine Tarifreform erforderlichen vier bis sieben Milliarden Euro 2015 sofort haben wird.

Es gibt parallel zur Steuerreformkommission nun eine Aufgaben- und Deregulierungskommission. Herr Finanzminister, wie lautet da ihre Zeitvorgabe?

Michael Spindelegger: Wir haben Herrn Professor Thienel, der diese Gruppe führt, gesagt, wir wollen innerhalb von sechs Monaten erste Ergebnisse haben, diese muss man dann umsetzen. Beschlüsse können damit 2015 gefasst werden.

Wo gibt es 2015 schon Möglichkeiten, um einzusparen?

Michael Spindelegger: Wir können bestehende Vorschläge in einen realisierbaren Zeitrahmen bringen. Verhandlungen mit den Ländern werden eher mittel- bis langfristig gehen. Manövriermasse ist genug vorhanden.

Mittel- und langfristig klingt wenig optimistisch. Mit den Ländern ist die Neuregelung des Finanzausgleichs Ende 2015 fällig.

Michael Spindelegger: Ende 2016. Wir haben in den Regierungsverhandlungen gesagt, wir verlängern den Finanzausgleich noch einmal um ein Jahr bis Ende 2016.

Ist das der Zeithorizont für mittelfristige Reformen unter Einbindung der Länder?

Michael Spindelegger: Manches wird schneller gehen, anderes länger dauern. Mir schwebt vor, wir vereinbaren mit den Ländern eine Ausgabenbeschränkung bei der Verwaltung durch einen Deckel bei den Kosten wie bei der Gesundheitsreform. Es darf nur ein Betrag x ausgegeben werden. Jeder muss seine Reformen so gestalten, dass er den Betrag nicht überschreitet.

Wo soll diese Obergrenze liegen?

Michael Spindelegger: Das mache ich zuerst einmal mit den betroffenen Partnern aus und richte ihnen das nicht über Medien aus.

Nochmals: Was ist bis 2018 realistisch an Einsparungen?

Gottfried Haber: Diese Zahl lässt sich seriös nicht sagen. Es geht um sehr viel Kleinvieh, das Mist macht, auch wenn ein paar Leuchtturm-Ideen dabei sein werden. Man wird auch grundlegend diskutieren müssen, was der Staat an Leistungen zu erbringen hat.

Herr Vizekanzler, Sie haben mehr Versetzungen von Beamten angekündigt. SPÖ-Verkehrsministerin Bures hat erklärt, bei den ÖBB gebe es keine überzähligen Beamten. So wird es nicht viele Versetzungen geben.

Michael Spindelegger: Es gibt eine Schätzung, die sagt, es geht dort insgesamt um rund 3000 beamtete Mitarbeiter ohne konkreten Aufgabenbereich. Mir geht es um die Bereiche Telekom, Post, ÖBB. Mir geht es um mehr Flexibilität, nicht Zwang. Diese Menschen wollen ja eine sinnvolle Tätigkeit! Wenn jetzt bei der SPÖ wieder jemand sagt, das ist tabu, wir machen beide Augen zu, wird man auch nicht zu Ansätzen einer Finanzierung von Steuerentlastungen kommen. Das möchte ich der SPÖ schon einmal deutlich sagen. Sogar der Bundeskanzler hat öffentlich bekannt, es wird Strukturreformen geben müssen.

Es gibt bei den ÖBB Eisenbahner, die nicht ausgelastet sind?

Michael Spindelegger: Das ist ein Staatsbetrieb, der uns pro Jahr effektiv mehr als 5,4 Milliarden kostet. Und wir müssen zusätzlich noch für Haftungen gerade stehen. Jeder Minister muss in seinem Bereich dafür sorgen, dass es Reformen gibt, das gilt auch für die ÖBB.

Wie groß ist die Gefahr, dass an der Steuerreform die SPÖ-ÖVP-Koalition zerbricht?

Michael Spindelegger: Ich sehe das deshalb nicht als Gefahr, weil wir uns in den Regierungsverhandlungen auf Grundzüge geeinigt haben. Dort ist weder eine Vermögenssteuer noch eine Millionärsabgabe enthalten. Wir haben gesagt, wir werden nach Maßgabe der Finanzierbarkeit besonders den Eingangssteuersatz senken und für Familien etwas tun. Aber erst muss einmal das Geld da sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2014)

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