Spindelegger bittet Minister zum Rapport: "Will alle Zahlen sehen"

Finanzminister Michael Spindelegger
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Interview. In dieser Woche müssen alle Minister wegen des Budgetvollzugs zum Gespräch. Er wolle damit ein Sparpaket vermeiden. Manche hätten die Vorgaben für heuer schon überzogen.

Die Wirtschaftsforscher haben eben ihre Prognosen zurückgeschraubt. Bringt das jetzt die im Mai beschlossenen Budgets für 2014 und 2015 in Gefahr und drohen diese zu zerbröseln?

Michael Spindelegger: Unmittelbar bedeutet es weniger Einnahmen und höhere Ausgaben. Darum möchte ich, dass wir nicht die gleichen Fehler wie in der Vergangenheit machen - erinnern Sie sich an die Budgetloch-Debatte nach den Wahlen! Ich möchte jetzt gleich zu Konsequenzen kommen.

Welche Konsequenzen sind das?

Ich werde nächste Woche mit allen Ministern Gespräche führen wie bei Budgetverhandlungen: Wo können wir nachbessern, damit wir am Jahresende bei den Vorgaben landen, die wir uns vorgenommen haben.

Heißt nachbessern in Summe gesehen ein neues Sparpaket?

Ich möchte ein Sparpaket vermeiden. Es geht bis in alle Details aller Untergruppen. Wo kann ich noch Einsparpotenziale lukrieren? Wo muss ich einen strikten Budgetvollzug vornehmen? Wo kann ich umschichten in einem Ressort? Damit ich das beim einen, wo ich vielleicht Mehrausgaben habe, beim anderen wieder einspare. Es ist jetzt notwendig, und ich mache das mit allem Nachdruck.

Das heißt, die Regierungsmitglieder müssen beim Finanzminister zum Rapport.

Rapport klingt so militärisch, niemand hat zu salutieren. Jeder hat vor sich ein gemeinsames Ziel zu sehen, das ist ein gemeinsames Budget halten, so wie wir es beschlossen haben. Wir haben noch ein halbes Jahr Zeit, um es so zu gestalten, dass es nicht aus dem Ruder läuft.

Also eine Mahnung zu Budgetdisziplin.

Natürlich, es müssen alle diszipliniert sein, und es müssen kreative Ansätze in den Ressorts gefunden werden. Es weiß ja keiner, ob die Konjunkturprognose im Herbst hält oder noch einmal runterrevidiert wird.

Um welche Größenordnung geht es bei den Nachbesserungen beim Budget?

Es geht bei jedem Ressort um etwas anderes. Manche haben das jetzt schon überzogen, was dem Ressort in dem Jahr zusteht.

Wer?

Da gibt es von mir keine öffentliche Schelte vorweg. Ich will alle Zahlen auf dem Tisch sehen. Das werden sehr toughe Gespräche, wo wir auch auf Ministerebene klare Wort sprechen.

Wird es am Ende öffentlich noch einmal eine Art Kassasturz geben?

Ich möchte gerne am Ende des Prozess zuerst einmal mit der Spitze meines Koalitionspartners, also mit Werner Faymann, die Ergebnisse durchreden. Aber ich kann gerne auch informieren, was es ergeben hat, insbesondere wenn etwas nicht im Sinne des Budgetvollzugs ist. Die SPÖ muss natürlich mittun, da gibt es überhaupt keinen Grund, dass in irgendeiner Weise locker gelassen werden kann.

Sie haben bei der Steuerreform schon bisher betont, man müsse sich den Spielraum dafür erarbeiten. Wird nun ein rasches Inkraftreten nach den schlechteren Konjunkturprognosen unwahrscheinlicher?

Das verstärkt meine Argumentation. Wenn wir uns die Spielräume nicht durch Strukturreformen schaffen, haben wir keine Chance, etwas zu verteilen, wenn nichts da ist, kann ich nichts verteilen, das ist eine banale Weisheit. Darum Strukturreformen bei der Verwaltung, also Bürokratieabbau, bei den Frühpensionen, bei den ÖBB und bei den Förderungen. Steuerreform ja, aber umso besser, je besser wir bei Strukturreformen sind. Darum ist die SPÖ herzlich eingeladen, sich konstruktiv an den Tisch zu setzen. Ich werde nicht locker lassen.

Wieso hat die ÖVP dann nicht jetzt klipp und klar gesagt, das Pensionsmonitoring ist für Ende Juni vereinbart.

Noch einmal zum Mitschreiben! Ich brauche ein Pensionsmonitoring, das ist die Grundlage dafür, um zu sehen, ob längeres Arbeiten funktioniert. Junktims mit anderen Dingen sind nicht gerechtfertigt.

Durch die Verzögerung entsteht der Eindruck, die Regierung lässt sich von den Sozialpartnern den Reformtermin diktieren.

Das darf nicht eintreten. Pensionsmonitoring muss sein.

Die ÖVP hat eine Reformklausur abgehalten. Für die Bürger wirkt es lächerlich, wenn Sie etwa Pflichtveröffentlichungen in der „Wiener Zeitung" von 15 Millionen Euro einsparen wollen - bei Milliardenschulden.

Darum haben wir in der Verwaltung eine Vielzahl an Beispielen erarbeitet, ich habe das nur als Beispiel herausgegriffen. Wir müssen alles durchforsten.

("Die Presse am Sonntag". Printausgabe vom 29.6.2014)

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