Danninger: „Pensionssystem nicht zu erhalten“

KABINETTSCHEF IM AUSSENMINISTERIUM JOCHEN DANNINGER (�VP)
KABINETTSCHEF IM AUSSENMINISTERIUM JOCHEN DANNINGER (�VP)(c) APA/Dragan TATIC (Dragan TATIC)
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Finanzstaatssekretär Danninger möchte die Bürger mit Psychologie und Gesetzen animieren, später in Pension zu gehen. Ein konkretes Sparziel will der ÖVP-Politiker nicht nennen.

Die Presse: In dieser Woche müssen alle Minister ins Finanzministerium kommen und berichten, wie es um ihre Budgets steht. Wenn Sie ans Gesamtbudget denken, ist Ihnen wohl dabei?

Jochen Danninger: Ja. Wir haben das Budget auf fundierter Basis erstellt. Aber andererseits müssen wir im Rahmen des Budgetvollzugs schauen, ob das, was damals ausgemacht wurde, auch eingehalten wird. Und man muss sich aufgrund der geänderten Wifo-Prognose in diesem Jahr – wir haben weniger Wachstum als gedacht – schauen, ob wir gegensteuern können.

Wie kann man gegensteuern?

Indem man schaut, was im Vollzug in den einzelnen Ressorts noch möglich ist. Und natürlich muss man ausloten, wo man zusätzlich Einsparungen vornehmen kann.

Die ÖVP hat nun einen Reformprozess ausgerufen, so soll bei Frühpensionen gespart werden. Was soll da geschehen? Die Erkenntnis, dass hier Reformen nötig sind, ist ja nicht ganz neu.

Ja, aber wir wissen, dass wir in einer schwierigen Zeit leben. Da muss man das hinterfragen. Wir haben eine Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen. Es gibt Ungerechtigkeiten. Man kann einem 62-Jährigen nicht erklären, dass er bis 65 arbeiten soll, wenn es andere Bereiche wie die Post und die ÖBB gibt, in denen man mit Anfang 50 in Pension gehen kann. Bei den Frühpensionen ist es höchste Eisenbahn, nicht nur bei den ÖBB.

Und was macht man nun?

Man schaut, was die Ursachen sind: Laut ÖBB liegen die krankheitsbedingten Pensionierungen bei durchschnittlich 52,2 Jahren. Es gibt dort gesetzliche Regelungen, die das ermöglichen.

Wann soll die Reform stehen?

Wir sind jederzeit gesprächsbereit und ich hoffe, dass der Koalitionspartner von seiner „In diesem Bereich haben wir schon genug getan“-Haltung bald abrückt.

Die ÖVP ist seit 1986 in der Regierung. Hat man nicht selbst Pensionsregelungen zugelassen, die man nicht hätte zulassen sollen?

Schwer zu sagen, weil man es vom jeweiligen Zeitpunkt aus sehen muss. Aber wir müssen uns weitere Nachschärfungen überlegen.

Könnten das nun auch Nachschärfungen abseits von Post und ÖBB sein?

Der erste Schritt müssen diese Sonderpensionsrechte sein. Dann tut man sich auch leichter, jemandem, der 62 Jahre alt ist, abzuverlangen, dass er erst mit 65 in Pension geht. Wir werden uns nun in einem ehrlichen Pensionsmonitoring anschauen, was die Gründe für die frühen Pensionsantritte sind.

Aber es war schon 1970 so, dass man im Schnitt mit 61 in Pension gegangen ist. Das war besser als heute (58), aber schon damals weit vom gesetzlichen Pensionsalter entfernt. Hat die Politik denn da nicht wirklich schon längst etwas verabsäumt?

Vor allem durch die – Gott sei Dank – positive Entwicklung der Lebenserwartung ist dieses System nicht mehr aufrechtzuerhalten. Im Jahr 2013 zahlte der Staat 19 Mrd. Euro an Pensionszuschüssen ins System. Dass das nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten ist, ist klar.

Nur die Worte, dass man etwas gegen die Frühpensionen tun will, hört man ja auch schon seit vielen Jahren. Warum soll die Reform nun klappen?

Wir leben in einer Zeit, in der jeder eine Steuerreform will. Das ist ein Hebel, um diese Ungerechtigkeiten im Pensionssystem auszuhebeln.

Aber wollen die Leute nicht bis 65 arbeiten oder können sie es etwa wegen des Arbeitsmarkts oft nicht?

Wir haben eine gewisse Verantwortung, den Leuten klarzumachen, dass die Pension nicht das Allheilmittel schlechthin ist. Wir müssen den Leuten vermitteln: „Arbeit ist etwas Sinnvolles.“ Wenn man aber ständig hört, wie schön es ist, nicht mehr arbeiten zu müssen, ist das schwierig. Wir müssen also viel mehr das Sinnvolle und identitätsstiftende am Arbeiten in den Vordergrund stellen, Psychologie ist in diesem Bereich wichtig.

Ist Psychologie in diesem Bereich also wichtiger als neue Gesetze?

Beides ist notwendig.

Und welche Summe sollen die Einsparungen hereinbringen?

Egal, was eine Steuerreform kostet, wir müssen sie uns leisten können. Darum wird es von mir keine fixe Zahl geben. Je mehr wir zustande bringen, umso höher kann die Entlastung ausfallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2014)


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