Grasser klagt, Prozess platzt

Karl-Heinz Grasser
Karl-Heinz Grasser Die Presse
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Überraschung im Verfahren, das Karl-Heinz Grasser gegen seinen Ex-Steuerberater anstrengt: Der Ex-Finanzminister ist auf Capri erkrankt. Dies stellte ein Kinderarzt fest.

Wien. Die weltweit tätige Steuerberatungs- und Prüfungsgesellschaft Deloitte findet die Entwicklung doch schade: In einer lakonisch anmutenden, der Austria Presse Agentur übermittelten Stellungnahme hieß es am Freitag: „Wir nehmen nunmehr mit Bedauern zur Kenntnis, dass Herr Mag. Grasser vor der am Montag stattfindenden Verhandlung offenbar kurzfristig an einer Lungenentzündung erkrankt ist (was von einem Arzt für Kinderheilkunde auf Capri bestätigt wurde) und den Verhandlungstermin daher leider nicht wahrnehmen kann.“

Dabei war dieser besagte und nun völlig überraschend geplatzte Verhandlungstermin im Handelsgericht Wien mit Hochspannung erwartet worden. Eben am Montag hätte jenes Zivilverfahren weitergehen sollen, das der aktuell auf der italienischen Insel Capri im Golf von Neapel weilende Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser gegen Deloitte (genauer: die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH) und den Deloitte-Partner Peter Haunold, seinen früheren Steuerberater, angestrengt hat. Wie berichtet klagt Grasser auf Schadenersatz. Streitwert: 2,4 Millionen Euro.

Unter dem Druck eines gegen ihn laufenden Finanzstrafverfahrens – Grasser soll im Zuge seines 2007 begonnenen Engagements für Julius Meinl bzw. die Meinl-Bank-AG um 4,9 Millionen Euro zu wenig Steuern bezahlt haben – war der Ex-Politiker in die Offensive gegangen. Vertreten von seinem früheren Regierungskollegen, Ex-Justizminister und Rechtsanwalt Dieter Böhmdorfer, wirft Grasser seinem Ex-Steuerberater Haunold nun vor, dieser habe genau jenes Firmen- und Stiftungskonstrukt aufgesetzt, das nun von der Finanz zerzaust wird. Die Beklagten halten dagegen, beantragen die Abweisung der Klage: Grasser habe die damals vorgeschlagene Firmenstruktur eigenmächtig verändert.

Wie auch immer: Der Termin am Montag und auch die bereits anberaumten und nunmehr kurzfristig freilich ebenfalls abgesagten Folgetermine am Dienstag und am Mittwoch hätten schon allein wegen der jüngsten Entwicklung an strafrechtlicher Front besondere Brisanz gehabt. Es wären die ersten öffentlichen Auftritte des früheren Mitglieds der österreichischen Bundesregierung gewesen – nachdem vor Kurzem publik wurde, dass Grasser und auch 17 weitere Beschuldigte wegen mutmaßlich illegaler Provisionsflüsse im Rahmen der Buwog-Privatisierung angeklagt werden sollen. Nicht nur das. Auch die Einmietung der Finanzlandesdirektion Oberösterreich in den von Porr und Raiffeisen Oberösterreich errichteten Linzer Terminal Tower samt – in den Augen der Ermittler – unerlaubter Provisionen soll demnach vor einem Strafgericht abgehandelt werden. Freilich handelt es sich vorerst um ein sogenanntes Vorhaben der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Gut möglich, dass die derzeit prüfende Oberstaatsanwaltschaft Wien den Akt mit dem Ersuchen, weitere Ermittlungen vorzunehmen, wieder zurückschickt. Sollte aber die offenbar beabsichtigte Anklage durchgehen (das letzte Wort dürfte der von Justizminister Wolfgang Brandstetter eingerichtete Weisenrat haben), müssten Grasser und Co. mit einem wahren Monsterprozess rechnen. Bei einer Untreueanklage würden bis zu zehn Jahre Haft drohen.

Ein Geheimnis im „Handakt“?

Aber zurück zu der wegen einer Lungenentzündung des Klägers verschobenen Verhandlung. Böhmdorfer erklärte dazu am Freitag, dass es für das Handelsgericht auch ein anderes Motiv gegeben haben könnte, den Prozess zu verschieben: Es gebe nämlich einen neuen Beschluss des Oberlandesgerichts Wien, wonach Deloitte den sogenannten Handakt zu ihrem Klienten Grasser herausrücken müsse. „Wenn der auf dem Tisch liegt, wird bewiesen werden, dass nicht Grasser für die Steuerkonstruktion verantwortlich war. Dann wird die Aussage von Haunold, dass Grasser die Konstruktion geändert hat, nicht mehr aufrechtzuerhalten sein.“ Deloitte konterte kühl: Man habe nun ohnehin aus dem Handakt zitiert. Und: „Da steht kein Geheimnis drinnen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2014)

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