Arbeitsmarkt: Wer zu wenig Behinderte beschäftigt

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Nicht nur Unternehmen, auch viele öffentliche Stellen erfüllen die Quote bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen nicht. Die Grünen wollen höhere Strafzahlungen.

Wien. Unternehmen mit mehr als 25Mitarbeitern müssen – entsprechend der Zahl ihrer Beschäftigten– Behinderte einstellen. Viele davon kaufen sich mit einer Ausgleichszahlung frei. Das betrifft aber nicht nur Betriebe auf dem freien Markt – auch im öffentlichen Bereich wird die gesetzliche Vorgabe oft nicht eingehalten. Wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der grünen Abgeordneten Helene Jarmer festhält, gibt es auch unter Landesregierungen, Kammern und staatsnahen Unternehmen etliche, die die Quote nicht erfüllen.

Generell gut schneiden Arbeiterkammern und ÖGB ab, schlecht die Wirtschaftskammern mit Ausnahme Kärntens (siehe Grafik). Die Ärztekammer hat gar keinen Behinderten angestellt, zwei müssten es laut Quote sein. Von den Landesverwaltungen erfüllen Tirol und Vorarlberg die Verpflichtung nicht, bei den staatsnahen Unternehmen die ÖBB. Dagegen haben Post und Telekom deutlich mehr behinderte Mitarbeiter, als sie müssten.

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Steigende Arbeitslosigkeit

Jarmer kritisiert, dass der öffentliche Sektor seine Vorbildfunktion nicht wahrnehme – und das, obwohl die Arbeitslosigkeit behinderter Menschen besorgniserregend steige: Im Juni gab es im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 26 Prozent.

Nicht bewährt haben sich nach Ansicht von Behindertenorganisationen die Gesetzesänderungen, die 2011 in Kraft getreten sind: Damals war die Ausgleichszulage nach Größe der Betriebe gestaffelt und der Kündigungsschutz für Behinderte gelockert worden. Trotzdem sei aber die Motivation der Betriebe, Behinderte anzustellen, nicht gestiegen.

Ende Juli wird eine Evaluierung dieser Maßnahmen veröffentlicht. Für Jarmer ist aber schon jetzt klar, „dass der erhoffte Erfolg ausgeblieben ist“. Sie fordert jetzt eine Änderung bei der Ausgleichstaxe. Diese beträgt je nach Größe des Betriebs zwischen 244 und 364 Euro pro Monat für jeden Quotenplatz, der nicht besetzt wurde. Während der derzeitige Behindertenanwalt Hansjörg Hofer (er vertritt Erwin Buchinger während seiner Karenz) für eine Verdoppelung der Taxe plädiert, will Jarmer die Anhebung auf ein branchenübliches Durchschnittsgehalt.

Gute Erfahrungen

In Verbindung mit einer Öffentlichkeitskampagne sei dies der einzige Weg, die Unternehmen zum Umdenken zu bewegen. Den potenziellen Arbeitgebern müssten zudem Best-Practice-Modelle gezeigt werden. Denn Umfragen hätten ergeben, dass Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen einstellen, damit durchwegs gute Erfahrungen gemacht hätten.

Änderungen will die grüne Behindertensprecherin auch für Beschäftigte in geschützten Werkstätten: Diese bekommen nur ein Taschengeld und sind derzeit nur unfallversichert, nicht aber arbeitslosen- oder pensionsversichert. Sie sollen eine eigene Sozialversicherung bekommen. Betroffen sind 20.000 Personen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2014)

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