Prozess gegen Steuerberater. Fotos zeigen den Ex-Minister in einem Boot auf Capri. SPÖ und Grüne bezweifeln Grassers Krankheitsgeschichte.
Wien. Karl-Heinz Grassers Krankmeldung, die dazu geführt hat, dass die für Montag, Dienstag und Mittwoch angesetzten Verhandlungen im Prozess gegen seinen früheren Steuerberater abgesagt werden mussten, erregt die (politischen) Gemüter. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim dachte im „Kurier“ sogar laut über eine U-Haft für den Ex-Finanzminister nach: Die Justiz solle das prüfen.
Grassers Anwalt Dieter Böhmdorfer reagierte am Dienstag seinerseits verärgert und wies Jarolim zurecht: Dessen Äußerung sei „grenzwertig“, sagte der ehemalige Justizminister der „Presse“. Denn: In einem Zivilprozess müsse eine Partei – im Gegensatz zu den Zeugen – nicht vor Gericht erscheinen. „Da sind keine Sanktionen vorgesehen.“
Anlass für Jarolims Forderung waren Fotos, die Grasser in einem Boot auf Capri zeigen. Sie wurden am Montag der Vorwoche, also wenige Tage vor der Krankmeldung, von einem Urlauber gemacht und am Dienstag in einigen Zeitungen veröffentlicht. „Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass Grasser nicht ernsthaft an einer Beschleunigung der Verfahren interessiert ist, so wurde er jetzt erbracht“, empörte sich der SPÖ-Justizsprecher. Nach Grasser Rückkehr müsse geprüft werden, „ob sich aus dem seltsamen Verhalten nicht langsam der Verdacht einer Fluchtgefahr abzeichnet“. Wenn man bedenke, wie schnell die Justiz in anderen Fällen eine U-Haft verhänge, so dränge sich schon die Frage auf, „ob alle Verdächtigen gleich behandelt werden“, meinte Jarolim.
Sein grüner Amtskollege, Albert Steinhauser, sieht das ähnlich: Die Fotos seien Hinweise darauf, „dass Grasser alles tut, um die Prozessdauer hinauszuzögern“. So könne er sich später als Justizopfer darstellen, mutmaßt Steinhauser. „Immerhin beklagt er sich seit Jahren über die Dauer der Verfahren.“
2,4 Millionen Euro Schadenersatz?
Im konkreten Fall geht es um eine Klage Grassers gegen seinen früheren Steuerberater Peter Haunold und die Prüfkanzlei Deloitte. Der Ex-Minister fordert Schadenersatz in der Höhe von 2,4 Millionen Euro, weil er sich falsch beraten fühlt. Die Beklagten weisen die Vorwürfe zurück. Am Montag hätte Grasser einvernommen werden sollen, am Dienstag wäre dann Haunold an der Reihe gewesen. Nachdem sich Grasser Ende der Vorwoche aber mit einer Lungenentzündung krank gemeldet hatte, wurde das Verfahren vertagt.
Mit den strafrechtlichen Ermittlungen rund um die Buwog-Privatisierung hat all das nichts zu tun. Da steht Grasser unter Korruptionsverdacht. Ob Anklage erhoben wird, ist vorerst offen: Die Staatsanwaltschaft hat ihren Vorhabensbericht vor Kurzem an die Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet, das letzte Wort hat das Justizministerium. (pri/APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2014)