"Rede zur Lage der Nation": Molterer gegen "Vollkaskostaat"

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ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer wünscht sich für Österreich einen "neuen Patriotismus" und einen "Leistungsstaat". Die steigenden Pflegekosten will er durch Erlöse aus Privatisierungen finanzieren.

"Antworten auf die dringendsten Anliegen der Menschen". Das versprach die ÖVP in ihrer Ankündigung zur "Rede zur Lage der Nation" von Partei-Obmann Wilhelm Molterer. Antwort gab Molterer am Donnerstag in der Wiener Hofburg dann etwa auf die Frage, wohin sich die Gesellschaft bewegen solle. Die - wenig überraschende - Empfehlung des VP-Vizekanzlers: "In die Mitte". "Es tummeln sich in der Zwischenzeit viel zu viele an den Rändern - ob links oder rechts", so Molterer.
Außerdem müsse sich die Gesellschaft zu einem Leistungsstaat statt einem "Vollkaskostaat" bekennen. Fundamente für den Leistungsstaat seien eine starke Wirtschaft, die Teilhabe der Menschen am Wohlstand und der Zusammenhalt der Gesellschaft. Daraus müsse Österreich seine Stärke schöpfen, sagte Molterer.
Der Vizekanzler forderte außerdem einen "neuen Patriotismus". "Kein dumpfer Hurra-Patriotismus" schwebt ihm dabei vor, sondern jener Patriotismus, der Österreich als ein stolzes, starkes und menschliches Land zustehe.

Mit einem neuen Vorschlag wartete der VP-Obmann in der Pflegedebatte auf. Zur Finanzierung der künftig steigenden Pflegekosten regte Molterer die Schaffung eines "Österreich-Fonds" an, der aus Privatisierungserlösen gespeist werden sollte. Vorbild sei der von Julius Raab gegründete Familienlastenausgleichsfonds (FLAF).

Das Thema Privatisierungen sei überhaupt "auf der Tagesordnung". Die Privatisierungen der letzten Jahre hätten Österreich stark gemacht, diesen Weg müsse man weiter beschreiten.

Molterer hielt seine "Rede zur Lage der Nation" am Jahrestag der Unterzeichnung des Staatsvertrages im Jahr 1955 und einen Tag nach seinem 53. Geburtstag. Der Vizekanzler bezeichnete es als Geschenk und als Gnade, auf diese Art mit der Geschichte des Landes verwoben zu sein.

Die erste Rede zur Lage der Nation hatte vor 25 Jahren Alois Mock im Belvedere gehalten. Der ehemalige Vizekanzler, der aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnte, freute sich in einer Grußbotschaft, dass diese nun schon zur Tradition in der ÖVP geworden sei. Und er ließ den rund 1.500 Zuhörern ausrichten: "Ich bitte Euch, hört unserem Parteiobmann gut zu!"

Kritik aus anderen Parteien

Aus den anderen Parteien hagelte es nach der Rede des VP-Obmanns Kritik. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina monierte, Molterer könne sich "aus der gelebten Kälte der Schüssel-Politik nicht befreien". Verantwortungsvolle Politik bedeute, solidarisch für alle, vor allem die Schwächeren in unserer Gesellschaft einzustehen und könne nicht bedeuten, auf die Selbstregulierungskräfte eines ungezügelten Marktes zu setzen, wie das Molterer getan habe.

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sprach im Zusammenhang mit Molterers Aussagen zum "Vollkasko-Staat" von einer Diffamierung des Sozialstaates. Molterer wolle vor allem die Reichen und Superreichen entlasten.

FP-Obmann Heinz-Christian Strache wiederum rügte vor allem Molteres Forderung nach einem "neuen Patriotismus". Dies sei "heuchlerisch", da der Vizekanzler alles dazu beitrage, dass Österreich seine Souveränität verliere. Im Zusammenhang mit dem EU-Vertrag habe Molterer "alle Interessen Österreichs verraten und verkauft".

(Ag./Red.)

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