Erbe: Wer Alte pflegt, wird belohnt

MINISTERRAT: BRANDSTETTER
MINISTERRAT: BRANDSTETTER(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Wer Menschen am Lebensende betreut, soll beim Erbe immer berücksichtigt werden. Der ÖVP-Plan stößt bei SPÖ und Experten auf Zustimmung.

Wien. Ganz sollte die Inszenierung nicht gelingen: Justizminister Wolfgang Brandstetter und ÖVP-Chef Michael Spindelegger hatten am Freitag zwar in das Café des Wiener Justizpalasts geladen. Doch das Sonnenlicht verhinderte, dass die Politiker kamerawirksam vor der Wiener Stadtkulisse sprechen konnten. Stattdessen hatte man nun die Speisetafel des Cafés hinter sich. Darum luden die Politiker noch separat zum Fototermin auf die Terrasse: „Die Benützung der Terrasse ist selbstverständlich gebührenfrei“, scherzte Brandstetter.

Keine Selbstverständlichkeit, bei den momentanen Gerichtsgebühren. Doch es wurde nicht nur gescherzt. Brandstetter und Spindelegger – sie arbeiteten einst als Jus-Assistenten fast Tür an Tür – hatten zum gemeinsamen Termin geladen, um ihre Pläne für die Justizpolitik kundzutun. Im Mittelpunkt: die Erbrechtsreform, die im Herbst über die Bühne gehen soll.

Die ÖVP will, dass Personen, die den Verstorbenen gegen Ende seines Lebens gepflegt haben, immer erben. Die Regelung soll etwa einem Kind, aber auch Nicht-Angehörigen zugutekommen, wenn sie sich um den Verstorbenen kostenlos gekümmert haben. Brandstetter skizzierte den im Justizministerium auf Referentenebene entworfenen Plan: Demnach würde das Gericht bestimmen, welcher Betrag dem Pfleger zusteht. Erst danach wird das verbliebene Vermögen unter den gesetzlichen (bzw. testamentarischen) Erben aufgeteilt.

Verstorbener hätte es gewollt

Eine Idee, die auch beim Koalitionspartner auf Gefallen stößt: „Das ist sicher unterstützenswert“, meint SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim im Gespräch mit der „Presse“. Die Pflege älterer Leute solle honoriert werden. Ähnlich sieht das Erbrechtsexperte Andreas Kletečka. Dass der ehrenamtliche Pfleger erbt, sei ein „präsumtiver Erblasserwillen“, sagt er. Die Verstorbenen hätten oft gewollt, dass der Pfleger etwas erbt, seien aber gar nicht mehr in der Lage gewesen, das testamentarisch festzuhalten, meint der Professor der Uni Salzburg.

Schon bisher gab es bei Gericht Fälle, in denen Leute, die Alten halfen, beim Erbe aber leer ausgingen, Geld forderten. Es ging dabei aber weniger um Pflege, als um Familien, in denen jemand die Arbeit am elterlichen Hof übernahm und nach einem Streit mit den Eltern den Hof doch nicht erbte, sagt Kletečka. Hier gab es Möglichkeiten, vor Gericht Geld aus der Erbmasse zu erstreiten, weil die erwartete Gegenleistung für die Arbeit ausblieb. Doch einfach war das nicht.

Wie viel könnte nun nach der Reform ein ehrenamtlicher Pfleger vom Erbe erhalten? Kletečka glaubt nicht, dass das Gericht ausrechnen würde, wie viele Stunden jemand genau gepflegt hat, sondern dass es eine pauschale Abgeltung festlegt. Das Justizministerium wollte zu solchen Details noch nichts sagen.

Erleichterungen für Firmen

Geplant sind vom Ministerium aber Erleichterungen für Firmenerben. Sie sollen mehr Zeit erhalten, um pflichtteilsberechtigte Angehörige (sie erhalten eine Abfindung, weil sie die Firma nicht bekommen) zu entschädigen. Eine Zerschlagung der Firma, um Schulden zu zahlen, soll so verhindert werden.

Auch das sei eine richtige Idee, meint Kletečka. Man müsse sie aber weiterziehen. „Beim Erbe eines Hauses kann es dasselbe Problem geben“, sagt der Experte. Jarolim plädiert ebenfalls für Reformen, die sicherstellen, dass geerbte Firmen nicht zerschlagen werden. Man habe aber darauf zu achten, dass der Firmeninhaber dann nicht zu willkürlich bei der Auszahlung des Pflichtteils agieren kann. Und man solle in diesem Zusammenhang zudem über ähnliche Ideen für Erbschaftssteuern nachdenken – die ja vom Firmenerben auch längerfristig geleistet werden könnten.

Spindelegger gab für Reformen erneut die Parole „Schlanker, besser, schneller“ aus. Worauf Minister Brandstetter kundtat, den Wunsch des ÖVP-Chefs bei sich selbst nicht ganz umgesetzt zu haben: „Mein Vorhaben, im Amt abzunehmen, ist gescheitert“, gestand er ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wolfgang Brandstetter
Politik

Wer pflegt, soll erben: Brandstetter für Reform

Der Justizminister will im Herbst die Reform des Erbrechts angehen. Die Familiengerichtshilfe lobte er als "Erfolgsmodell".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.