Expertenrat: Extraklassen für Schüler mit Deutschproblemen

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Der Integrationsbericht thematisiert die (fehlende) Sprachförderung. Die SPÖ lehnt "Ghettoklassen" ab, die ÖVP ist für Sonderunterricht.

Der von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) eingesetzte Expertenrat für Integration schlägt in seinem neuen Bericht, der am Montag präsentiert werden soll, verpflichtende Sprachfördergruppen vor dem Eintritt in den Regelunterricht für Kinder mit Sprachproblemen vor. Das berichteten mehrere Medien am Freitag.

Die betroffenen Kinder sollen nicht mehr wie bisher als "außerordentliche Schüler" in den normalen Klassen eingestuft, sondern in eigene Vorbereitungsklassen eingegliedert werden. Diese Intensivkurse sollen so kurz wie möglich dauern. Außerdem spricht sich der Rat für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für Kinder mit besonders hohem sprachlichen Förderbedarf aus.

Annäherung bei "Ghetto-Klassen"

Der Umgang mit sogenannten "Quereinsteigern" - also Kindern, die nicht in Österreich aufgewachsen, sondern erst später nach Österreich gezogen sind - war lange Zeit umstritten. Sie wurden bei mangelnden Sprachkenntnissen als "außerordentliche Schüler" in die normalen Klassen aufgenommen, nicht in allen Fächern benotet und erhielten dort Sprachförderung. Eigene Vorschulklassen wurden dagegen nur für Schüler eingerichtet, die aus körperlichen oder geistigen Gründen mit dem Besuch einer Regelklasse überfordert wären. Die SPÖ warnte dabei vor "Getto-Klassen", während vor allem Kurz für das System "Deutsch vor Schuleintritt" plädierte.

Bereits im Vorjahr gab es aber eine Annäherung: Die damalige Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) und Kurz einigten sich auf ein Modell, bei dem der jeweilige Schulleiter über die Form der Sprachförderung (eigenen Klasse, zeitlich befristete Sprachfördergruppe oder Mischmodell) entscheiden soll. Im aktuellen Regierungsprogramm findet sich sogar ein Passus, wonach "für Kinder mit Sprachförderbedarf verpflichtende sprachliche Intensivkurse eingerichtet werden".

Wenig Widerstand aus SPÖ

Dementsprechend kommt auch wenig Widerstand aus der SPÖ. Schon jetzt würden vor allem in Ballungsräumen Kinder mit Sprachproblemen in vorbereitenden Gruppen auf den Regelunterricht vorbereitet, hieß es aus dem Bildungsministerium. "Es macht aber keinen Sinn, die Kinder langfristig aus der Gruppe herauszunehmen." In ländlichen Regionen bzw. bei nicht mehr schulpflichtigen Kindern seien standortspezifische Lösungen etwa unter Einbeziehung von Vereinen nötig - dazu seien weitere Gespräche mit dem Integrationsministerium nötig.

Einen stärkeren Fokus will man im Bildungsministerium aber auf den Kindergartenbereich legen: "Wir müssen bei den Kleinsten beginnen." Deshalb plädiere man für ein zweites Gratis-Kindergartenjahr für alle Kinder. Für den Kindergarten stelle man von Seiten des Bundes 2015 20 Mio. Euro für die sprachliche Frühförderung zur Verfügung. Auch im Schulbereich habe man gerade die Verlängerung der Mittel für die Sprachförderung in Höhe von 50 Mio. Euro in den kommenden zwei Jahren beschlossen.

Faßmann: "Kein paralleles Schulwesen"

Der Vorsitzende des Expertenrats für Integration, Heinz Faßmann, hält die dauerhafte Einrichtung eigener Klassen für Kinder mit Sprachproblemen für "kontraproduktiv". Die von seinem Gremium vorgeschlagenen Vorbereitungsklassen für "Quereinsteiger", also Kinder, die erst in der Schulzeit nach Österreich kommen, verglich er im Ö1-"Mittagsjournal" mit einem "Crashkurs".

In einem solchen sollte in möglichst kurzer Zeit ein Grundstock an Deutsch-Kenntnissen vermittelt werden, so Faßmann. Diese Kurse könnten durchaus auch in den Sommermonaten stattfinden. Ziel müsse die schnelle Überführung der Kinder ins Regelschulwesen sein. Keinesfalls wolle man damit ein "paralleles Schulwesen" schaffen. Die Zuspitzung auf die Frage "Extra-Klasse oder nicht Extra-Klasse" wird nach Ansicht Faßmanns der Sache nicht gerecht.

Die Sprachförderung muss nach Ansicht Faßmanns bereits im Kindergartenalter beginnen - mit einem Sprachstandstest für alle Kinder, also nicht nur Migranten. "Wenn dann ein bestimmter Förderbedarf im Bereich der deutschen Sprachbeherrschung existiert, sollen Fördermaßnahmen einsetzen." Auch in den Volksschulen müsse zusätzliche Förderung angeboten werden - und zwar als additiver Unterricht. "Kinder bleiben in ihrer Klasse und erhalten zusätzlichen Unterricht, der vielleicht am Nachmittag stattfinden kann."

(Red.)

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