Schlafen bei Hofers – äh, Albrechts

Öschberghof
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Vier-Sterne-Singularität. Der Öschberghof ist das einzige Hotel der Aldi-Gruppe, die in Österreich auf Hofer hört. Der kürzlich verstorbene Karl Albrecht ließ es vor 38 Jahren errichten.

Donaueschingen. Ein Probeanruf. „Ein Zimmer für heute? Tut mir leid, aber wir sind völlig ausgebucht“, antwortet die Reservierungsangestellte höflich am Telefon des Hotels Öschberghof. Für morgen hätte sie noch ein Zimmer frei, zum Preis von 270 Euro für zwei Personen inklusive Frühstück. Vielleicht möchte man das Preisniveau des Öschberghofes den Kunden von Aldi-(Hofer)-Reisen nicht zumuten.
Die Geschäfte laufen trotzdem gut in dem Vier-Sterne-Plus-Hotel in der hügeligen Landschaft bei Donaueschingen, nur 38 Kilometer vom Schweizer Ort Schaffhausen entfernt. Niemand würde ahnen, dass es sich bei dem noblen Haus um einen Teil der Aldi-Gruppe handelt, und auf den ersten Blick passt das Luxushotel auch nicht zum Billig-Discounter.
Karl Albrecht ließ es vor 38 Jahren errichten, ursprünglich als Klubhaus für den Golfklub, in dem er oft spielte. So lautet die Adresse auch Am Golfplatz 1. Vom Aldi-Zentrallager Donaueschingen sind es nur wenige Minuten bis zum Golfplatz, das dürfte für den sparsamen Milliardär wohl damals der ausschlaggebende Punkt für die Wahl des Ortes gewesen sein.
In den letzten Jahren kam Albrecht von seinem Privathaus in Essen jedoch nicht mehr so oft nach Donaueschingen. Fotos von ihm gibt es natürlich auch nicht, weder beim Golfspiel noch im Hotel. Früher soll er sich allerdings öfter unter die Gäste gemischt haben, so munkelt man, und niemand hätte ihn erkannt. Wie denn auch? Im Hotel selbst musste Albrecht nicht schlafen, er ließ sich ein unauffälliges Häuschen auf die Wiese daneben bauen. Von seinem Hauptwohnsitz in Essen kam er gern, wenn er es einrichten konnte, zum Golfen auf dem 27-Loch-Platz. Dies war übrigens der einzige Luxus, den sich der Milliardär leistete.
Wenig verwunderlich auch, dass man altbekannte Aldi-Produkte beim Frühstücksbuffet oder an der Rezeption findet. Albrecht wird es mit Wohlbehagen gesehen haben, wie Gäste sich der Knuspy-Müsliriegel bedienen, sich morgens den Rio-d'Oro-Traubensaft einschenken oder ein Sontner-Fruchtjoghurt löffeln. „Die Gäste wissen das, Aldi-Produkte haben ja gute Qualität“, sagt Rebecca Schmidt vom Öschberghof dazu. Ein typisches Haus, in dem Milliardäre absteigen, ist der Öschberghof jedoch nicht. Von außen atmet der Bau den Stil der 1970er-Jahre eines Architekten, der möglichst wenig Individualität wagte. Weiß getünchte, rechteckige, flache Gebäude mit grauem Walmdach, der Eingang großformatig mit einem spitzwinkligen Glasdach, das von einer genormten Regenrinne eingefasst wird. Im Inneren ist alles peinlich sauber, jeden Hauch eines persönliches Touchs wird man hier vergeblich suchen. In jedem Zimmer steht eine Orchidee in einem Keramiktopf auf einem praktischen Beistelltisch mit Rollen. Auch dies eine Reminiszenz an den Vater des Hauses – Karl Albrecht züchtete Orchideen. Keine Abstriche machte der Hausherr beim Spa: alles nur vom Feinsten, auch verwöhnte Gäste werden hier schwerlich einen Kritikpunkt finden.
Mit Bio, Öko oder Nachhaltigkeit, wie es viele andere Hotels jetzt in ihre Prospekte schreiben, wirbt der Öschberghof nicht. Die vorzügliche Küche verwendet überwiegend lokale, frische Produkte, ansonst aber muss der Gast hier keine politisch korrekten Zeitgeistsprüche über sich ergehen lassen. Auch dies passt zu Aldi, der Bioprodukte erst viel später als andere Supermärkte einführte. In diesem Jahr steht die Errichtung eines kleinen Blockheizkraftwerkes, das mit Dieselöl betrieben wird, auf dem Plan, im nächsten Jahr eine umfassende Erneuerung und Erweiterung des Hauses, um die Kapazität zu vergrößern.

Die Gäste jedenfalls lieben „ihren“ Öschberghof. „Wie daheim, nur entspannter!“ fasst Jenny S. ihren Aufenthalt zusammen. www.oeschberghof.de

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