Vordienstzeiten: Beamte machen der Regierung Druck

Fritz Neugebauer
Fritz NeugebauerAPA/GEORG HOCHMUTH
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Nachzahlungen? Der Konflikt um die Anrechnung von Vordienstzeiten spitzt sich zu. Die Gewerkschaft droht der Regierung mit einer Antragsflut.

Wien. Die Gehaltserhöhung für 2015 ist zwar schon heuer im Winter vereinbart worden. Vier Monate vor der Personalvertretungswahl der rund 132.000 Bundesbediensteten sorgt dennoch eine Auseinandersetzung um eine Gehaltsfrage, bei der es unterschiedliche Ansichten über die Anrechnung von Vordienstzeiten geht, für einen neuen Graben zwischen der Beamtengewerkschaft und der Regierung in Gestalt des zuständigen Kanzleramtsministers Josef Ostermayer (SPÖ). Die Gewerkschaft befürchtet, wie der „Presse“ erläutert wird, dass öffentliche Bedienstete durch die Verjährung besoldungsrechtlicher Ansprüche um Nachzahlungen umfallen könnten. Deshalb wird vorsorglich überlegt, dass von möglichst vielen Bediensteten entsprechende Anträge eingebracht werden.

Im Kanzleramt steht man zur bisherigen Linie. Nach dessen Rechtsansicht sei die Regelung für den Bundesdienst nicht EU-rechtswidrig, weshalb im Bund nicht mit Nachzahlungen zu rechnen sei.

Über die Vorgeschichte hat „Die Presse“ Anfang März berichtet. In Salzburg hat ein Mitarbeiter der Landeskliniken erfolgreich geklagt, weil ihm Vordienstzeiten in anderen Unternehmen beim Gehalt nur zu 60 Prozent angerechnet wurden. Das stelle einen Verstoß gegen die Diskriminierung von EU-Bürgern und gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt dar. Das Land Salzburg muss wegen des Präzedenzcharakters des Falls insgesamt 24 Mio. Euro nachzahlen.

Die von Fritz Neugebauer (ÖVP) geführte Beamtengewerkschaft drängt seither den Kanzleramtsminister zu Verhandlungen über eine generelle Gehaltsreform mit höheren Einstiegsbezügen und einer danach flacheren Gehaltskurve. Ostermayer verweist allerdings auf den Koalitionspakt, der dafür bis 2018 Zeit lässt. Gespräche hat es auf Expertenebene zumindest wegen der Vordienstzeiten mehrfach gegeben. Allerdings bisher ohne Einigung.

Die Beamtengewerkschaft will erreichen, dass der Bund einen Verjährungsverzicht ausspricht. Damit würden Staatsbedienstete im Fall einer Nachzahlung ihre Ansprüche längerfristig wahren. Andernfalls wären laut Gewerkschaft besoldungsrechtliche Ansprüche nach einer Frist von drei Jahren hinfällig. Die Gewerkschaft verweist darauf, dass Bundesländer wie Oberösterreich und Salzburg einen Verjährungsverzicht abgegeben haben.

Verjährungsverzicht strittig

Da dieser von Bundesseite ausgeblieben ist, rückt die Beamtengewerkschaft nun mit härteren Mitteln aus. Bleibt das Kanzleramt bei seiner ablehnenden Haltung, so sollen im Spätsommer die Bundesbediensteten aufgefordert werden, jedenfalls Anträge zu stellen, um eine Verjährung zu vermeiden. Dabei ist man sich bewusst, dass eine Flut von tausenden solcher Anträge auch für die Verwaltung eine große, zusätzliche bürokratische Herausforderung wäre.

Im Kanzleramt hält man an der bisherigen Position fest. In Büro von Ostermayer sieht man sich durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestärkt. Dieser hat nach einer Klage mehrerer deutscher Beamter im Juni die geltende Übergangsregelung bei der Einstufung beim Gehalt gebilligt. Dem Bund und den Ländern bleiben damit in Deutschland Nachzahlungen in Milliardenhöhe erspart. Allerdings ging es in den deutschen Fällen nicht um die Anrechnung von Vordienstzeiten, sondern um die Neuregelung der Gehaltseinstufung. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2014)

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