Rot-Weiß-Rot-Karte: „Einfach möglichst niedrige Löhne“ Sozialressort lehnt ÖVP-Vorstoß ab

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NATIONALRAT: HUNDSTORFER(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Hundstorfers Ministerium bleibt skeptisch gegenüber leichterem Zuzug für ausländische Akademiker. ÖVP-Minister sollten sich an die Wirtschaft wenden.

Wien. „Gespräche verweigern wir nie“, wird im Büro von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) vorausgeschickt. Aber mit ihrem Vorhaben, gemeinsam einen Vorstoß für Änderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte und Erleichterungen beim Zugang für ausländische Schlüsselkräfte und Akademiker aus Drittstaaten außerhalb der EU auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen, wird sich die ÖVP eine Abfuhr einhandeln. „Unsere Haltung ist klar. Wir halten die Bestimmungen für ausreichend und nicht diskriminierend“, wurde im Sozialressort der „Presse“ versichert.

Drei ÖVP-Ressortchefs wollen, wie berichtet, im Sommer bei Hundstorfer wegen Neuregelungen vorstellig werden. Johanna Mikl-Leitner (Inneres), Sebastian Kurz (Integration) und Reinhold Mitterlehner (Wissenschaft und Wirtschaft) streben eine Senkung der Einkommenshöhe beim Zuzug, Erleichterungen für Absolventen mit Bachelorabschluss und eine längere Frist für die Jobsuche an.

Einkommenshöhe soll bleiben

Hundstorfer stand Änderungswünschen bisher höchst skeptisch gegenüber. In seinem Büro wird der ÖVP-Vorstoß als „Appell an die Wirtschaft“ verstanden. Denn wäre der Bedarf der Wirtschaft entsprechend groß, würde das geltende Mindesteinkommen von knapp 2000 Euro brutto im Monat gezahlt. „Der Verdacht besteht, dass es einfach um möglichst niedrige Löhne“ für qualifizierte Arbeitskräfte gehe, heißt es.

Bei Bachelorabsolventen ist die Skepsis noch größer, weil zuletzt bei diesem Personenkreis die Arbeitslosenrate um 44,7Prozent auf 1026 gestiegen sei. Bei ausländischen Absolventen sei die Rate sogar um 110Prozent auf 280 gestiegen. Zugleich habe sich die Zuwanderung von Personen aus anderen EU-Staaten mit akademischem Abschluss fast verdoppelt, nämlich von 2008 bis 2013 von 13,1 auf 25Prozent.

Auch beim Zuzug ausländischer Fachkräfte sieht das Sozialressort sinkenden Bedarf. Zeichen dafür sei, dass die „Mangelliste“ der betroffenen Berufe heuer von 27 auf 16 geschrumpft sei. Bei der Verlängerung der Frist zur Jobsuche von derzeit sechs Wochen für ausländische Absolventen hat das Sozialressort hingegen „kein Problem“. Die Kompetenz dafür liege aber ohnehin beim Innenressort.

Die Wirtschaftskammer unterstützt die Pläne der drei ÖVP-Minister. Der Leiter der Sozialpolitik in der Kammer, Martin Gleitsmann, drängt ferner, „Willkommensportale“ für Zuwanderer in den Herkunftsländern attraktiver zu gestalten. Überdies müssten Mentoring-Programme für Migranten ausgeweitet werden. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)

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