Resetarits: "Ich bin sicher kein Pitbull"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In diesem Jahr moderiert "Bürgeranwalt" Peter Resetarits ab 11. August die „Sommergespräche". Dem Motto seiner anderen Sendungen folgend sollen diesmal die Bürger das Fragen übernehmen.

Sie fanden wirklich schon überall statt, die "Sommergespräche": im Dachfoyer der Hofburg (2011), in Betriebshallen (2010), auf Festspielbühnen (2009), bei Heurigen und gleich im ersten Sommer landete Sendungserfinder Peter Rabl mit dem damaligen FPÖ-Chef Norbert Steger im Swimmingpool. Heuer, im 33. Jahr, bleiben die „Sommergespräche" im Studio am Küniglberg (was auch schon öfter vorkam). Dafür tingelt Moderator Peter Resetarits vorher durch das Land und holt Fragen und O-Töne der Bevölkerung ein, im Trailer der Sendung sagt er daher auch: „Ich stelle Ihre Fragen". Wir trafen Resetarits zum Gespräch beim Heurigen Wambacher in Hietzing. Und während er im Gastgarten sitzt, sagt er: "Eigentlich hätten wir die Sendung auch hier machen können."

Herr Resetarits, Sie arbeiten seit über 30 Jahren für den ORF, moderieren heuer erstmals (allein) die „Sommergespräche". Warum tun Sie sich das an?

Peter Resetarits: Gefragt zu werden, ob man diese Sendung machen will, ist prinzipiell eine Ehre - noch dazu, wenn das Konzept der Sendung auf mich und meine Rolle als „Bürgervermittler" und "Bürgerversteher" zugeschnitten ist. Aber ich habe meine Vor- und Nachteile auf den Tisch gelegt und gesagt, was ich kann und was nicht so gut, wo es vielleicht Bessere gibt.

Und was können Sie nicht so gut?
Es gibt sicher Leute, die sich in den vergangenen 15 Jahren mehr mit innenpolitischen Themen beschäftigt haben als ich. Mein Vorteil ist, dass ich einen guten Überblick darüber habe, was die Leute wirklich stört. Wo öffentliche und veröffentlichte Meinung auseinander klaffen. Und ich kenn mich mit den Sorgen älterer Leute aus, rund um Themen wie Pension, Frührente oder Wohnen.

Es heißt, der Politik sei es Recht, dass heuer Sie dran sind, nachdem es u. a. 2013 nach den Wahlkonfrontationen Kritik am ORF gab. Haben Sie so einen netten Ruf?
Ich kenne meinen Ruf bei der Politik nicht, aber ich kann Ihnen ein paar Immobilienspekulanten nennen, Banken und Versicherungen, die mich nicht so nett finden.

Stimmt also nicht, dass sich Kanzler Werner Faymann lieber von Ihnen als von Armin Wolf befragen lässt?
Dazu habe ich wirklich keine Wahrnehmung. Ich bin im Ton freundlich und verbindlich, werde aber unter Beweis stellen, dass ich in der Sache sattelfest bin.

Der Kanzler war schon länger nicht mehr in der „ZiB 2", elleicht auch wegen des hartnäckigen Fragestils von Armin Wolf. Werden Sie die Politiker sanfter anfassen?
Man muss ein vernünftiges Mittelmaß finden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass ein bisschen zu früh interveniert wird, da hätte ich noch ganz gerne, dass der Gedanke ausgesprochen wird. Vorgenommen habe ich mir, mich nicht mit Alibi-Antworten abspeisen zu lassen und auch die Bürger an meiner Seite zu fragen, ob sie mit dieser oder jener Antwort zufrieden ist.

Mehr Wickert als Broder

Richtig, dass Sie eher der Ulrich Wickert- und nicht der Henryk Broder-Typ sind?
Das mag sein. Ich bin wie ich bin und werde mich auch nicht für die Sommergespräche verbiegen. Es hat keinen Sinn, sich zu verstellen. Ich bin mein Lebtag gut damit gefahren, dass ich authentisch bin. Ich habe auch keine Lust, den Pitbull zu spielen, der ich nicht bin. Schließlich will ich danach die Sendungen, die ich bis jetzt mache, weitermachen.

Aber ist das nicht der größte Vorteil: Anders als frühere Moderatoren, sind Sie in Ihrem normalen Berufsalltag nicht darauf angewiesen, ob der Kanzler oder die anderen, ins Studio kommt oder nicht.
Das stimmt, das ist mir in Wirklichkeit auch vollkommen egal, ob das einem Politiker gefällt oder nicht. Auf der anderen Seite bin ich meinem Publikum und mir selbst verpflichtet, mir treu zu bleiben. Was ich befürchte ist, dass die Leute danach sagen: "Der ist immer so ruhig, aber da war er ein Unsympathler, der ist ja hysterisch." Das würde ich mir gerne ersparen, weil ich das auch nicht bin.

Einiges ist heuer anders: Sie gehen ab sofort auf Österreich-Tour, um Stimmen aus dem Volk einzufangen, im Studio werden Bürger zu Gast sein. Wird das nicht ein „Bürgerforum light"?
Nein. Die Fragen und Vorwürfe sind zum Teil recht harsch. Die Bürger auf der Straße sagen manchmal Dinge, die man sich als Journalist nicht zu fragen trauen würde. Mein Punkt ist es, den Hintergrund zu diesen Fragen zu recherchieren und mir ansehen, was die jeweilige Partei dazu schon gesagt oder gemacht hat.

Wie bereiten Sie sich vor?
Die wirkliche Vorbereitung beginnt jetzt. Das Konzept steht, wir wissen wie das Studio aussieht und nun geht es in die inhaltliche Vorbereitung. Ich denke mir Fragen aus, vergebe Recherecheaufträge, ersuche gewisse Dinge nachzuchecken.

Gibt es Vorgespräche mit den Politikern?
Null. Herrn Strolz (Neos, Anm.) und Frau Nachbaur (Team Stronach) habe ich noch nie gesehen. Alle anderen habe ich meist im Zuge der Bürgerforen kennengelernt. Ich rede weder mit den Pressesprechern noch mit den Kandidaten. Die sehe ich das erste Mal siebeneinhalb Minuten vor der Sendung.

Warten Sie bis kurz vor den Sendungen. Was tun Sie, wenn sich die Pressesprecher dann doch noch melden?
Dann ersuche ich Sie, die Sache mit dem Sendungsverantwortlichen zu besprechen, der das hervorragend macht und die wahren Entscheidungen trifft.

Im Plastiksessel neben Voggenhuber

Sie haben schon 1990 einmal bei den „Sommergesprächen" mitgewirkt. Wie war das damals?
Der Ansatz war drei ORF-Reporter diskutieren mit einem Politiker. In der fixen Besetzung waren meine wirklichen Vorbilder Hans Benedikt und Johannes Fischer - und je ein jüngerer Reporter als Dritter. Ich war bei Johannes Voggenhuber dabei. Da saßen wir auf einer Burgruine im Waldviertel auf weißen Plastiksesseln mit tiefer Lehne im Kreis und es war unfassbar heiß.

Die „Sommergespräche" sind 33 Jahre alt. Hat so eine Sendung noch Legitimität?
Sie sind mittlerweile zu einer Marke geworden. Die Leute wollen es sehen, die Politiker wollen über ihre Aktivitäten referieren. Die Publikumsakzeptanz ist noch da, wie man an den Quoten sieht.

Spüren Sie einen Quotendruck?
Nein. Ich wüsste auch nicht, was ich anders machen sollte, wenn ich einen Quotendruck hätte oder man mir eine Messlatte vorgehalten hätte. Wir versuchen eine spannende Sendung zu machen, aus der man etwas mitnimmt, bei der man vielleicht etwas Neues lernt.

Zu den „Sommergesprächen" gehört auch ein bisschen, Persönliches über die Politiker herauszufinden. Wird das auch diesmal Platz haben?
Das diskutieren wir noch. Mich interessiert das persönlich null, aber es gibt Leute die sagen, das gehört dazu.

Sie haben ältere Menschen erwähnt, deren Sorgen Sie kennen. Verfolgen Sie auch jene der Jüngeren? Ich hab Sie weder auf Twitter noch auf Facebook gefunden.
Auf Twitter bin ich, aber nur passiv. Auf Facebook bin ich bis jetzt nicht, aus Sorge, die vielen Anfragen nicht zu schaffen. Ich werde, wo immer ich hinkomme, mit sehr konkreten Problemen konfrontiert. Neben der journalistischen Tätigkeit rutsche ich immer mehr in eine Beratungs- und Interventionstätigkeit. Meine Sorge war immer, wenn ich auf Facebook präsent bin, wird die Erwartungshaltung zu hoch. Wenn man so etwas nicht betreut, bekommt man Mails, die - zu Recht - so lauten: „Ich habe Sie sehr geschätzt, aber Sie haben nicht einmal ein Ohrwaschl gerührt. Ich habe Ihnen vor drei Wochen geschrieben, es geht um mein Kind und das ist Ihnen offenbar wurscht." Dafür geht demnächst die Facebook-Seite der Sendung online. Aber gut, dass sie mich erinnern, ich glaube, ich sollte an meinem Twitter-Account arbeiten.

Wenn es der ohne Foto und mit bislang null Tweets ist, sollten Sie vielleicht.

(Lacht) Und den Ulrich Wickert muss ich mir jetzt danach auch genauer ansehen.

Schon mal überlegt, sich mit der Beratungstätigkeit selbstständig zu machen?
Nein. Aber als Redaktion müssen wir uns das überlegen, ob man sich junge Juristen ins Team holt und eine echte Beratung durchführen soll und das als Teil von Public Value versteht. Was wir schon machen: Dass wir kompetent weiterverweisen an die Patientenanwälte, die Mietervereinigung oder die Volksanwaltschaft. Trotzdem gibt es sehr viele Anrufe von Leuten, die sich einen kompetenten Tipp erwarten. Und wenn wir den liefern könnten, würde uns das als öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht schlecht anstehen.

Wie oft haben Sie es bereut, nicht eine klassische Juristen-Karriere eingeschlagen zu sein?
Nie. Ich habe die Akribie, die wirklich gute Juristen haben müssen, nicht. Ich bin eine ganz gute Mischung aus mittelmäßigem Juristen und halbwegs gutem Geschichtenerzähler. Da ist der kritische Rechts-Journalismus genau das Segment, das sich für mich am besten ergibt.

„Sommergespräch" ab 11. August, jeden Montag, 21.05 h, ORF 2;

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