Flüchtlingsquartiere: Auf einmal sind Kasernen heiß begehrt

Gerald Klug
Gerald Klug(c) APA/BKA/ANDY WENZEL (ANDY WENZEL)
  • Drucken

Für Verteidigungsminister Gerald Klug sind Kasernen als Unterkünfte für traumatisierte Asylwerber das „völlig falsche Signal“. Das Land Burgenland möchte Liegenschaften lieber selbst kaufen.

Wien. Sollen Flüchtlinge in Kasernen untergebracht werden? Die Auseinandersetzung um diese Frage spitzt sich jetzt zu. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist jedenfalls klar dafür – und verstärkte am Dienstag nochmals den Druck auf ihren Regierungskollegen, Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ). „Auf der einen Seite haben wir Kriegsflüchtlinge aus Syrien, auf der anderen Seite leer stehende Kasernen“, sagte sie im Gespräch mit der „Presse“. Da liege es nahe, die Gebäude kurzfristig für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen. Klug solle daher die Liegenschaften zur Verfügung stellen: „Denn wir brauchen eine sofortige Entlastung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen.“

Seit Dienstag ist die Ministerin unter erhöhtem Zugzwang: Nach dem Aufnahmestopp, den Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) im überfüllten Erstaufnahmezentrum veranlasste, ist der Bund dringend auf der Suche nach Notquartieren. Nur: Klug will die Kasernen nicht so schnell aus der Hand geben. Zumindest nicht kostenlos. „Aufgrund der angespannten finanziellen Lage werbe ich für Verständnis, dass ich leer stehende Kasernen verkaufen muss“, sagte er. Wenn die Innenministerin tatsächlich Interesse daran hätte, könnte sie die Objekte aber natürlich erwerben.

Von der Idee, zumindest leer stehende Teile der Kaserne in Linz-Ebelsberg in Oberösterreich zur Verfügung zu stellen, hält Klug ebenfalls nichts. Es sei ein „menschlich völlig falsches Signal“, würden teils traumatisierte Flüchtlinge neben Soldaten untergebracht, erklärte er der „Presse“. Selbst wenn Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) sich die Unterbringung im freien Teil dieser Kaserne vorstellen könne, „würde ich doch die Innenministerin darum bitten, bei mir nachzufragen, ob die Kaserne frei ist“, so Klug. Zum Verkauf stehe die Liegenschaft jedenfalls erst Mitte des nächsten Jahres.

„Unverständnis, Befremden“

Klug Kasernen abkaufen? Davon will Mikl-Leitner nichts wissen. „Die Kasernen befinden sich im Eigentum der Republik“, meint sie. Stünden sie nicht zur Verfügung, löse dies „Unverständnis und Befremden bei der Bevölkerung aus“. „Deswegen werde ich weiter darauf drängen, dass es zu einer vernünftigen Lösung kommt.“

In den Bundesländern hat man allerdings ebenfalls wenig Freude mit den Plänen Mikl-Leitners: Jene freie Kaserne, die die größten Kapazitäten aufweist (900 Plätze), befindet sich nämlich in Baden in Niederösterreich und somit im selben Bezirk wie das derzeit stark belegte Erstaufnahmezentrum Traiskirchen, das entlastet werden soll.

Niessl legt sich quer

Jeweils 200 Plätze gibt es außerdem auch in den Kasernen der burgenländischen Gemeinden Oberwart und Pinkafeld. Doch Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) wäre ein Notquartier in diesen Liegenschaften gar nicht recht. Er verkündete am Dienstag sogar, dass die Liegenschaften gekauft werden und in burgenländische Hand kommen sollen. Damit sie „jetzt und für die Zukunft nicht mehr als Asylquartiere zur Diskussion stehen“.

Was sagt Bundeskanzler Werner Faymann? Er stellt sich nicht wirklich auf eine der beiden Seiten. Im Asylstreit sehe er vor allem die säumigen Bundesländer gefordert, meinte er im ORF. Auf Bundesebene habe er sowohl für Mikl-Leitner als auch für Klug Verständnis (Koalition siehe Seite 8). (ib)

AUF EINEN BLICK

Kasernen als Alternative? Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) möchte Kasernen für die Unterbringung von Flüchtlingen nützen. Vorerst hat sie dabei vorrangig die Hiller-Kaserne in Linz-Ebelsberg im Auge. Die Stadt Linz winkt ab. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) bleibt generell dabei: Das Innenressort müsse leer stehende Kasernen dann kaufen. Im Burgenland stemmt sich Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) gegen Flüchtlinge in den Kasernen Pinkafeld und Oberwart.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.