Notfallplan: Nur erste Hilfe bei Asylquartieren

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Innenministerin Mikl-Leitner will Flüchtlinge in Turnhallen, privaten Einrichtungen und zur Not in Zelten unterbringen. Heeresminister Klug lenkt ein, stellt aber für Kasernennutzungen Bedingungen.

Wien. Zum Schluss gab Gerald Klug nach: Der Verteidigungsminister (SPÖ) unterbreitete seiner Kollegin im Innenressort, Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), ein Angebot. Sie könne ein leer stehendes Gebäude der Kaserne Linz-Ebelsberg in Oberösterreich für die Unterkunft von Flüchtlingen nutzen. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen: Die Unterbringung sei zeitlich auf sechs Monate begrenzt. Für alle anfallenden Kosten müsse das Innenministerium aufkommen. Außerdem soll es dafür sorgen, dass das Notquartier mit einem Zaun (oder Ähnlichem) vom militärisch genutzten Bereich abgetrennt sei. Mitte des Jahres 2015 müsse die Kaserne schließlich verkauft werden. Ist dies aufgrund der Unterkunft nicht möglich, soll die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) dafür haften.

Mikl-Leitner nahm das Angebot dankbar an. Einen „Sieg der Menschlichkeit“ nannte sie es. Denn noch am Dienstag hatte Klug die Nutzung dieser Kaserne strikt abgelehnt. Es sei ein „menschlich völlig falsches Signal“, wenn (Kriegs-)Flüchtlinge neben Soldaten leben müssten, so Klug. Auch jetzt noch halte er das für nicht ideal. Aber man brauche eben dringend eine Lösung.

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Eile nach dem Aufnahmestopp

Die Nutzung dieser Liegenschaft ist allerdings nur ein Teil des Notfallplans, den Mikl-Leitner nach dem Aufnahmestopp im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen ausarbeiten ließ: Für die Aufnahme von Daten und zur medizinischen Untersuchung werden Asylsuchende zwar noch immer nach Traiskirchen gebracht. Anschließend geht es aber weiter zu verschiedenen Ausweichquartieren.

► Private Unterkünfte. Laut Innenressort gibt es einige Plätze, die man in Hotelpensionen bzw. Gasthöfen organisieren konnte. Auf der Homepage veröffentlichte das Ressort außerdem auch einen Aufruf: Wer Asylsuchende aufnehmen könne, soll sich melden. Ob diese Unterkunftbetreiber tatsächlich alle Richtlinien erfüllen, sei dann zu überprüfen. Es gebe jedenfalls den Tagessatz von 19 Euro.

► Liegenschaften des Bundes. Auch Räumlichkeiten im Besitz des Innenressorts sollen genutzt werden, wie etwa leer stehende Turnhallen. In Tirol übernimmt der Bund auch ein ehemaliges Quartier in Fieberbrunn. Die Landesregierung hat es in der Vergangenheit geschlossen, weil es zur langfristigen Unterbringung von Asylwerbern nicht geeignet war – es lag zu abgeschieden. Für eine kurzfristige Erstversorgung reiche es.

► NGOs und Kirche. Mikl-Leitner wandte sich auch an Kardinal Christoph Schönborn. Dieser wolle nun an alle Pfarren herantreten. Diakonie und Volkshilfe winkten allerdings bereits ab: Die bestehenden Quartiere seien voll. Neue zu schaffen gehe nicht so schnell.

► Militärische Liegenschaften. Auch wenn Klug ein Gebäude in Linz bereits zur Verfügung gestellt hat – wenn es nach Mikl-Leitner ginge, würden auch andere leer stehende Kasernen genutzt werden. In der Steiermark, in Niederösterreich und im Burgenland gebe es diese theoretisch. Klug will die Kasernen allerdings verkaufen: Schließlich habe das Bundesheer das Geld bitter nötig. Auch in den Bundesländern ist man von dieser Idee überhaupt nicht begeistert. Allerdings aus anderen Gründen: Bis auf die Steiermark erfüllen all diese Länder ihre Quote. Die Bevölkerung würde es wohl nicht gern sehen, wenn es noch zusätzliche Betreuungsplätze gäbe.

► Zelte. Als absolute Notlösung zieht Mikl-Leitner auch die Unterbringung von Asylsuchenden in Zelten in Betracht: Das Rote Kreuz hätte dies angeboten, hieß es aus ihrem Büro. Wo diese aufgestellt würden – oder wie dies im Detail organisiert sei –, konnte man aber nicht beantworten. Das Rote Kreuz würde es jedenfalls gerade prüfen.

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Nur eine kurzfristige Lösung

So oder so handelt es sich bei diesen Maßnahmen nur um eine sehr kurzfristige Lösung – das gibt man auch im Innenministerium zu. Bis zu 100 Asylsuchende kommen maximal am Tag nach Österreich. Seit 2005 hat es noch nie einen so antragsstarken Monat wie den Juli 2014 gegeben: Rund 2200 Menschen suchten um Asyl an. Die meisten kommen aus Syrien. Sie werden entweder von den Behörden aufgegriffen bzw. melden sich direkt bei der Polizei oder im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen.

Etwa 200 Leute könnte man in den kurzfristig organisierten Quartieren unterbringen. In der Kaserne Linz-Ebelsberg gibt es außerdem noch Platz für 70 bis 100 Leute. Mikl-Leitner mahnt daher die säumigen Länder, ihre Betreuungsquote schnellstmöglich zu erfüllen. Schaffen diese mehr Unterkünfte, könne man das Lager Traiskirchen entlasten. Die Quartiernot würde demnach wieder abnehmen. Denn derzeit befinden sich 1700 Menschen im niederösterreichischen Erstaufnahmezentrum. Genau die Hälfte müsste aber nicht mehr dort sein: 700 Personen warten darauf, in längerfristigen Betreuungsquartieren unterkommen zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2014)

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