Barbara Prammer ist tot: Die Präsidentin mit klarer Gesinnung

NATIONALRAT SONDERSITZUNG: PRAMMER
NATIONALRAT SONDERSITZUNG: PRAMMERAPA/HANS PUNZ
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Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist am Samstag ihrem Krebsleiden erlegen: Sie war mehrfach erste Frau in ihren Funktionen, hat sich der Demokratie verschrieben, war dabei aber auch stets eingefleischte Sozialdemokratin.

Den letzten Sitzungen vor der heurigen Sommerpause des Nationalrats musste sie krankheitsbedingt bereits fernbleiben und sich vertreten lassen. In den vergangenen Juliwochen war es ruhig um ihren Gesundheitszustand gewesen: Am Samstag um 19 Uhr kam dann die Eilt-Meldung aus der Parlamentsdirektion: Barbara Prammer, erste Frau an der Spitze des Nationalratspräsidiums, ist im 61. Lebensjahr verstorben. Am 24. September des Vorjahres hatte die gebürtige Oberösterreicherin und ehemalige SPÖ-Frauenministerin vor allem auch von anderen Politikern viel Respekt wegen ihres offenen Umgangs mit ihrer Krebserkrankung erfahren.

Prammer trat trotz Erkrankung erneut an

Prammer ist trotz ihrer Erkrankung im September 2013 wieder für den Nationalrat angetreten und hat sich danach Ende Oktober auch der Wiederwahl als Nationalratspräsidentin gestellt. Schon damals war sie durch die Krebstherapie gehandicapt. „Überrascht" sei sie von den zahlreichen positiven Reaktionen auf ihren Umgang mit der Krankheit gewesen, schilderte sie danach in einem Interview mit der „Presse am Sonntag". Von dieser Aufmunterung wollte Prammer auch etwas zurückgeben: „Wenn es gelingt, Betroffenen und dem Umfeld die Angst zu nehmen, würde es mich sehr freuen. Ich bin aber nicht missionarisch unterwegs."

Durchaus missionarisch war die 1954 in Ottnang am Hausruck als Tochter eines SPÖ-Bürgermeisters geborene Prammer als Politikerin unterwegs. Dabei war es egal, ob sie sich für die Rechte von Frauen, von Ausländern, von Minderheiten oder für die Demokratie einsetzte. Aus ihrer tief verankerten sozialdemokratischen Gesinnung machte sie dabei nie ein Hehl.

Prammer eckte auch in SPÖ an

Dabei eckte Prammer, die Mutter zweier Kinder, auch in der SPÖ an - vor allem bei den Männern. Das war schon so, als sie nach ihrer Tätigkeit als Standesbeamtin in ihrem Heimatort und nach Soziologiestudium und Tätigkeit als Frauenreferentin beim Arbeitsmarktservice 1991 in die oberösterreichische Landespolitik einstieg. Zuerst als Zweite Landtagspräsidentin und danach als erstes weibliches Mitglied der Landesregierung.

Das änderte allerdings nichts daran, dass sie als Zukunftshoffnung ihrer Partei in die Bundespolitik wechselte. 1997 wurde sie von Viktor Klima als Frauenministerin in die Bundesregierung geholt, wo sie bis zur schwarz-blauen Wende im Februar 2000 blieb. Sie wurde auch Chefin der SPÖ-Frauen, als eine Nachnachfolgerin der SPÖ-Frauenikone Johanna Dohnal trat sie dabei in (über)große Fußstapfen. „Selbstverständlich bin ich eine Emanze", erklärte die SPÖ-Politikerin zu ihrer Einstellung. Damals musste sie aber auch erkennen, dass zwischen rotem frauenpolitischen Wunschbild und der - politischen - Realität ein beträchtlicher Unterschied existiert. Anliegen aus dem Frauenvolksbegehren, das auch von ihr selbst aus Solidarität unterschrieben wurde, wurden nicht umgesetzt.

Während der von ihr massiv bekämpften Ära von Schwarz-Blau setzte sie ihre Karriere in der Spitzenpolitik fort, allerdings verlagerte sich ihr Hauptstandbein nun in das Hohe Haus. Der Wechsel von Heinz Fischer als Bundespräsident in die Hofburg 2004 und die Übernahme des Amtes der Zweiten Nationalratspräsidentin bildete dabei ihre neue Plattform. Auf dieser bewegte sie sich in den folgenden Jahren so, dass sie schließlich als hoffnungsvolle Anwärterin für das Amt des Bundespräsidenten nach Fischers Abschied 2016 galt.

In Wien wurden die Flaggen an öffentlichen Gebäuden wie dem Parlament oder dem Bundeskanzleramt auf Halbmast gesetzt.
In Wien wurden die Flaggen an öffentlichen Gebäuden wie dem Parlament oder dem Bundeskanzleramt auf Halbmast gesetzt.APA/HANS PUNZ

Prammer keine Charismatikerin

Prammer war keine Charismatikerin, sie fiel auch nicht als großartige Rednerin auf. Sie war eine disziplinierte Arbeiterin auch in Spitzenämtern dieser Republik. Im Herbst 2006 kam schließlich der Höhepunkt in der politischen Laufbahn der eingefleischten Sozialdemokratin. Mit dem Ende von Schwarz-Blau verhalf ihr der knappe Wahlsieg der SPÖ unter Alfred Gusenbauer zu einem ihr auch symbolisch immens wichtigen Karrieresprung. Am 30. Oktober 2006 wurde Prammer als erste Frau überhaupt an die Spitze des Nationalrates gewählt. „Sie hat mit dem Amt als Präsidentin anders als in der Amtszeit als Frauenministerin an Souveränität gewonnen", bescheinigte ihr die ehemalige ÖVP-Frauenchefin und Ministerin Maria Rauch-Kallat später einmal.

Als Nationalratspräsidetin bemühte sich Prammer in den folgenden Jahren besonders, das Hohe Haus durch Veranstaltungen auch für die breitere Bevölkerung verstärkt zu öffnen. Ein besonderes Anliegen war der Ersten Nationalratspräsidentin, Jugendliche für den Wert der Demokratie zu sensibilisieren: „Demokratie ist in Österreich zwar eine Realität, aber keine Selbstverständlichkeit", man müsse diese „ständig mit Leben erfüllen", mahnte sie.

In steigenden Vertrauenswerten bei der Bevölkerung schlug sich das Engagement nach und nach nieder. Dies obwohl die Nationalratspräsidentin bei der Stärkung des Parlaments und der Volksvertreter mehr als einmal an der Vormacht der Bundesregierung zerschellte.

Die größte Weichenstellung der kommenden Jahre, die überfällige Sanierung und den Umbau des Parlamentsgebäudes am Ring, hat Prammer mit vielen Mühen in den vergangenen Jahren in die Wege geleitet. Das bleibt als eine Art Vermächtnis, auch wenn sie nach Auszug und Generalrenovierung nicht mehr als Hausherrin einziehen wird.

Anmerkung der Redaktion

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(Die Presse" - Printausgabe vom 02.08.2014)

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