Steuerreform: Reichensteuern als Zankapfel der Koalition

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Die SPÖ will mit ihren Vermögensteuern zwei Milliarden Euro im Jahr einnehmen. Die ÖVP rechnet mit deutlich niedrigeren Erträgen und fürchtet, dass in Wahrheit der Mittelstand die Zeche zahlen müsste.

Wien. Schon im Wahlkampf im Vorjahr haben sich die Vermögensteuern vulgo Reichensteuern zum Zankapfel zwischen den Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP entwickelt. Die Sozialdemokraten wollten damals wie heute eine Vermögensabgabe von „Millionären“ – einerseits, um die Steuerreform zu finanzieren, andererseits „aus Gerechtigkeitsgründen“. Die ÖVP ist – zumindest auf Ebene der Bundespartei – strikt dagegen: Neue Steuern dürfen nicht eingeführt werden, weil die Abgabenbelastung in Österreich ohnehin schon zu hoch sei.

Das Konzept der SPÖ: Vermögensbestandteile ab einer Million Euro sollen mit einem gestaffelten Steuersatz von 0,1 bis 0,9 Prozent belastet werden. Im Schnitt wäre eine Vermögensteuer von 0,5 Prozent fällig. Treffen soll dies die 80.000 Reichsten im Land, die laut einer Studie der Universität Linz über ein Vermögen von 470 Milliarden Euro verfügen. Bei einem Steuersatz von 0,5 Prozent würde das einen jährlichen Ertrag von 1,95 Milliarden Euro bringen. Die SPÖ setzt die Einnahmen mit 1,5 Milliarden Euro etwas niedriger an, gemeinsam mit einer wieder einzuführenden Erbschafts- und Schenkungssteuer will man aber auf zwei Mrd. Euro im Jahr kommen.

Die ÖVP bezweifelt die Zahlen und begründet ihre Ablehnung mit Berechnungen aus dem Finanzministerium, die deutlich niedrigere Einnahmen ergeben: Maximal 125Millionen Euro würden bei Umsetzung des SPÖ-Modells hereinkommen, heißt es dort. Das Finanzressort rechnet dabei die Einnahmen aus der im Jahr 1993 abgeschafften Vermögensteuer hoch: Diese habe 750 Millionen Euro gebracht, der Großteil davon sei aber von Betrieben gekommen, welche die SPÖ nun von der Besteuerung ausnehmen will.

Bei Berücksichtigung eines Freibetrags von einer Million Euro würde die Vermögensteuer nur noch 110 Millionen Euro bringen. Auch bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer gebe es nur Peanuts zu holen, so das Finanzressort: Im Jahr 2007, vor Abschaffung dieser Steuer, sei nur in 49 Fällen ein Vermögen über einer Million Euro vererbt oder verschenkt worden. Hochgerechnet würde dies 15 Millionen Euro bringen.

Der Verdacht der ÖVP: In der Praxis wird eine Vermögensteuer, wenn sie nennenswerte Beträge bringen soll, weit in den Mittelstand hineinreichen müssen – und somit keineswegs nur „Millionäre“ und „Reiche“ betreffen, sondern beispielsweise auch Besitzer von Einfamilienhäusern in besserer Lage. Auch Schwierigkeiten bei der Einhebung würden gegen die Steuer sprechen: So müssten Vermögenswerte wie Immobilien, Schmuck oder Kunstwerke erst bewertet werden.

Androsch bezweifelt hohe Einnahmen

Unterstützung erhielt die ÖVP von SPÖ-Seite: Der frühere Finanzminister Hannes Androsch kritisierte beim Forum Alpbach die Millionärsabgabe: Bei dieser gebe es ein „Problem der fiskalischen Mengenlehre“ – es käme schlicht zu wenig in die Staatskassa. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nahm den zugespielten Ball dankbar an: „Es ist einfach viel zu wenig, was hereinkommt, um diesen Streit anzufangen.“ Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann meinte, Androsch würde für seine Position bei einem SPÖ-Parteitag „keine zehn Stimmen bekommen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2014)

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