"Rote Fini": Neue Klage wegen DDR-Millionen

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Nach der Bank Austria verklagt Deutschland nun die Bank Julius Bär. Auch hierbei soll die „rote Fini“ aus Wien eine Rolle gespielt haben.

Wien. 24 Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR hat Deutschland nun die Schweizer Bank Julius Bär verklagt. Auch in diesem Rechtsstreit soll die Wienerin Rudolfine Steindling eine Rolle gespielt haben. Steindling kann dazu nicht mehr befragt werden, denn sie ist 2012 in Israel, wo sich ihr Zweitwohnsitz befand, gestorben.

Geklagt hat die in Berlin ansässige Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Diese verwaltet das frühere Vermögen des DDR-Regimes. Die Behörde bestätigte nun, dass sie am 15. August beim Bezirksgericht in Zürich eine Klage gegen die Bank Julius Bär eingereicht hat. Ein Sprecher von Julius Bär meinte, man kenne noch keine Einzelheiten der Klage. Dem Vernehmen nach geht es bei der Auseinandersetzung um verschwundenes DDR-Vermögen von 135 Millionen Euro.

Bank Austria musste zahlen

Auch die Bank Austria war einst von Deutschland wegen verschollener DDR-Millionen vor Gericht gezerrt worden. Die Bank verlor im Vorjahr den in der Schweiz geführten Prozess in letzter Instanz und musste in Summe 254 Millionen Euro zahlen. Bei der Bank Austria hieß es dazu am Freitag, die Klage gegen Julius Bär habe nichts mit der Bank Austria zu tun. Für die Bank Austria sei der Fall abgeschlossen.

Allerdings sei in Berlin noch eine Klage der Bank Austria gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) anhängig. Demnach soll es die BvS verabsäumt haben, die Schweizer Bank AKB (Rechtsnachfolgerin der früheren Bank Austria Schweiz) rechtzeitig darüber zu informieren, dass Steindling nicht mehr zeichnungsberechtigt gewesen wäre. Deutschland hatte der Bank Austria vorgeworfen, in der Vergangenheit Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. „Frau Steindling und die Bank Austria haben gemeinsame Sache gemacht“, so der Vorwurf. Die Bank bestreitet das.

Die Geschäftsfrau Steindling war einst gut vernetzt. Zu ihrem Bekanntenkreis zählten in Österreich etwa Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) und der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ). In der DDR verfügte sie über gute Kontakte zu Erich Honecker, dem mächtigsten Politiker im Arbeiter- und Bauernstaat.

Die „rote Fini“ war unter anderem Gesellschafterin der Firma Novum, die Firmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz half, mit DDR-Unternehmen ins Geschäft zu kommen. Dafür kassierte Novum Provisionen.

Vor dem Fall der Berliner Mauer schafften es einige DDR-Granden, noch schnell Millionen in den Westen zu bringen. Steindling soll über die Novum dabei geholfen haben.

Die Transaktionen sollen über die frühere Länderbank (die heutige Bank Austria) und weitere Institute abgewickelt worden sein. Die Millionen sollen zwischen Wien und Zürich hin- und hergeschoben worden sein. Deutschland verklagt nun die Bank Julius Bär wegen der früheren Cantrade Privatbank. Doch Julius Bär wehrt sich. Sie verweist auf die Schweizer UBS, von der sie im Jahr 2005 die Cantrade übernommen hat. Laut Kaufvertrag trage UBS das rechtliche Risiko für Cantrade.

Viele Fragen bleiben offen

Wer heute das DDR-Vermögen hat, ist unklar. Nachdem die Millionen in die Schweiz geschafft wurden, soll Steindling das Geld abgehoben und „in Banksafes gelagert haben“, schreibt die deutsche Nachrichtenagentur DPA. Wohin es von dort aus verschwunden ist, bleibt ein Rätsel. Einst gab es Gerüchte, ein Teil sei bei der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) gelandet. Diese versichert aber: „Wir haben das Geld nicht.“

AUF EINEN BLICK

Die ÖsterreicherinRudolfine Steindling war in der DDR ein gern gesehener Gast. Ihre Beziehungen reichten bis zum früheren Staatschef Erich Honecker. Auch in Österreich wurde die „rote Fini“ hofiert, weil sie Staatsbetrieben zu Aufträgen in der DDR verhalf. Zu ihrem Bekanntenkreis zählten Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) und der frühere Kanzler Franz Vranitzky (SPÖ). Im Herbst 2012 starb Steindling im Alter von 78 Jahren in ihrer israelischen Zweitheimat. Das Geheimnis um die DDR-Millionen nahm sie mit ins Grab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2014)

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