"Sozialfälle" der schwierigen Art

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Von den flexiblen Arbeitszeiten bis zur Angleichung der Arbeitnehmerrechte sind einige Änderungen blockiert. Eine Lösung beim Teilkrankenstand wird auch nicht einfach.

Wien. Das Bündel an Aufgaben, das auf Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und die Sozialpartner wartet, ist wieder ein Stück größer geworden. Denn für Herbst kommt inzwischen der Plan dazu, dass bei längerer Krankheit die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit geschaffen wird. Dabei lagern schon mehrere Materien, bei denen es zum Teil seit Längerem keine Fortschritte zu vermelden gilt.

Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten: Im Arbeits- und Sozialrecht sind nach wie vor Arbeiter im Fall einer Erkrankung bei bestimmten Ansprüchen schlechter gestellt als Angestellte. Das Ziel einer weiteren Harmonisierung gibt es schon länger. Diese Frage wollte die Regierung mit den Sozialpartnern in der vergangenen Legislaturperiode intensiver angehen. Die Bemühungen scheiterten vor allem daran, dass Gewerkschaft und Arbeiterkammer bei einer Angleichung die im Regelfall günstigeren Bestimmungen für Angestellte vor Augen haben.

Auf Wirtschaftsseite bestehen gegen eine derartige einseitige Korrektur Vorbehalte, weil dabei zusätzliche Kosten befürchtet werden. Im neuen Regierungsabkommen wurde im Dezember 2013 bereits ein erster Kompromiss festgeschrieben. Demnach soll es nun eine „aufkommensneutrale Angleichung“ bei der Fortzahlung des Lohns geben. Allerdings steht in dem Punkt eine Einigung aus.

Zwölf-Stunden-Tag und sechste Urlaubswoche: Im Regierungspakt von SPÖ und ÖVP sind auch Schritte in Richtung flexiblerer Arbeitszeiten verankert. Dabei würde unter ganz bestimmten Bedingungen eine längere Höchstarbeitszeit zugelassen und somit ein Zwölf-Stunden-Tag erlaubt, nämlich bei Gleitzeit, bei Dienstreisen und Montagen sowie für Lehrlinge.

Im Gegenzug waren im Sinn der Beschäftigten längere Freizeitblöcke vorgesehen. Nachdem im April publik geworden war, dass in der Regierung schon eine Gesetzesänderung vorbereitet wurde, gab es massiven Widerstand der Gewerkschaften. Der Grund dafür: Der ÖGB wollte im Zuge des Pakets jedenfalls auch eine Regelung, damit es für möglichst alle Arbeitnehmer nach 25 Jahren eine sechste Urlaubswoche gibt. Für die Wirtschaft kam das jedoch wegen höherer Kosten nicht infrage. Seither herrscht Stillstand. Im Herbst soll ein neuer Anlauf genommen werden, eine Lösung vor der Wirtschaftskammerwahl 2015 gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Bonus-Malus-System: Eine Einigung über ein Arbeitszeitpaket gilt vor allem auch als schwierig, solange es keine Vereinbarung der Sozialpartner über die umstrittene Bonus-Malus-Regelung für ältere Beschäftigte gibt. Offiziell wird freilich ein Deal über beide Themen bestritten. Während bei den flexiblen Arbeitszeiten die Wirtschaft treibende Kraft ist, machen beim Bonus-Malus-System ÖGB und Arbeiterkammer zunehmend mobil. Letztlich wird nur im Fall eines Machtworts der Regierung mit einer Entscheidung gerechnet.


Kampf gegen Sozialdumping: Bei den Bestrebungen, gegen Lohn- und Sozialdumping noch strenger vorzugehen, ist Hundstorfer schon weiter. Denn ein Gesetzesentwurf ist noch bis 2.September in Begutachtung („Die Presse“ berichtete). Behördliche Kontrollen sollen demnach ausgeweitet, der Strafrahmen soll erhöht werden. Nach dem Ende der Begutachtung sind Gespräche vor dem Parlamentsbeschluss vorgesehen.

Behindertenschutz: Im Herbst wird weiters eine etwaige Änderung beim Kündigungsschutz und bei der Ausgleichstaxe für die Beschäftigung Behinderter zum Thema werden (siehe Bericht unten).
Reform der Pflegeausbildung: Für eine weitere Neuregelung im Sozial- und Gesundheitsbereich, die Reform der Pflegeausbildung, ist das Gesundheitsministerium zuständig. Dieses Vorhaben soll auch im Herbst angegangen werden. Schließlich sollen Pflegekräfte künftig verstärkt mit den Hausärzten bei der Erstbehandlung („Primärversorgung“) von Patienten zusammenarbeiten. Im Vordergrund steht die praktische Ausbildung.


Teilkrankenstand: Mit den Sozialpartnern wird es nunmehr vor allem über Betreiben der Wirtschaft auch Gespräche zur Einführung eines sogenannten Teilkrankenstands nach ausländischen Vorbildern geben. Derzeit gibt es nur die Alternativen, krankgeschrieben zu werden oder zu arbeiten. Künftig soll jemand vorerst nach längerem Krankenstand mittels Teilzeitbeschäftigung wieder in den Beruf einsteigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2014)

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