Analyse: Die Tücken des grünen Wachstums

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Für die Grünen geht es beständig aufwärts. Mittlerweile sind sie in fünf Ländern Teil der Regierung. Das ist gleichermaßen Fluch und Segen. Denn nun steht ihre Politik auf dem Prüfstand.

Wien. Eigentlich läuft es für die Grünen zur Zeit ganz gut. Mittlerweile sitzen sie in fünf von neun Landesregierungen und haben das Image der ewigen Oppositionspartei – zumindest auf Landesebene – abgeschüttelt. Das gute Abschneiden bei der EU-Wahl hat für zusätzliches Selbstbewusstsein gesorgt. Langfristiges Ziel: eine Regierungsbeteiligung im Bund. Ganz so einfach wird das nicht werden. Die Grünen haben schon jetzt mit den Tücken ihres Wachstums zu kämpfen.

Denn die Regierungsverantwortung in den einzelnen Bundesländern ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits können sie ihr Führungsvermögen unter Beweis stellen, andererseits werden sie angreifbarer. Reichte es, in der Opposition Dinge zu bemängeln, heißt es jetzt, selbst handeln. Das gelingt nicht immer. So etwa in puncto Asylquote.

Dass unter den Bundesländern, die sich nicht an die Asylaufnahmequote halten, mehrheitlich Bundesländer waren, in denen die Grünen in der Regierung sitzen, brachte die Partei in Erklärungsnot. Immerhin ist das Thema Asyl eines der Steckenpferde der Grünen. Doch die Bundespartei verhielt sich auffallend ruhig in der Asyldebatte. Wenn, dann übte man Kritik an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Selbstkritik blieb aus. Auch in den Ländern: „Ich bin nicht grüne Landesrätin, und plötzlich ist die Welt verändert“, verteidigte sich etwa Christine Baur, die grüne Landesrätin in Tirol.

Für das Land zu links

2013 zeigte sich ein anderes Problem: In diesem Jahr durften sich die Grünen zwar über Beteiligungen an gleich drei Landesregierungen freuen, doch auf Bundesebene blieben die Grünen mit 12,4Prozent hinter den Erwartungen.

Dass Freud und Leid damals so nahe beieinanderlagen, hat einen guten Grund: Die Grünen in Salzburg oder Tirol sind nicht gleich den Grünen in Wien oder im Bund. Die Partei ist nicht homogen. Im Westen ist sie eher bürgerlich. Im Osten eher links. Bei bundesweiten Wahlen macht sich das schmerzlich bemerkbar. Die Bundesgrünen sind manchen Grün-Wählern aus dem Westen dann doch zu links.

Durch die Neos bekamen die Grünen außerdem zusätzliche Konkurrenz. Auch bei der Vorarlberger Landtagswahl am 21.September werden die beiden Parteien im selben Wählerteich fischen. Die Grünen hoffen dort auf eine weitere Regierungsbeteiligung – auch, um den Druck durch eine „schwarz-grüne“ Westachse, wie es der Vorarlberger Spitzenkandidat Johannes Rauch formuliert, zu erhöhen.

Von größerer Tragweite für die Grünen wird aber freilich die Wahl im Jahr 2015 in Wien sein. Nach fünf Jahren haben die Wähler dort die Chance, Rot-Grün zu bewerten. Eine nicht unerhebliche Rolle dürfte dabei die neue Mariahilfer Straße spielen. Derzeit scheint diese aber weniger den Grünen und mehr den Roten zu schaden.

Verbotsgesetz für Islamismus

Auch innerparteiliche Unstimmigkeiten machen es den Grünen häufig nicht leicht: Der Bundesrat Efgani Dönmez zählt zu jenen, die gern anecken. Sein gestriger Vorschlag – ein Verbotsgesetz für radikale islamische Strömungen – sorgte intern weniger für Unmut als für Kopfschütteln. „Das Ganze ist nur Theaterdonner“, sagte Justizsprecher Albert Steinhauser. Das Geforderte sei ohnehin geltendes Recht. Dönmez sei nur zu wenig informiert.

AUF EINEN BLICK

Die Grünen sitzen mittlerweile in fünf Bundesländern in der Regierung. Die Premiere gab es in Oberösterreich vor mehr als zehn Jahren. Die zweite Regierungsbeteiligung wurde in Wien im November 2010 mit der rot-grünen Koalition besiegelt. Das Jahr 2013 war – zumindest auf landespolitischer Ebene – das Jahr der Grünen. Sie schafften es in Kärnten, Tirol und Salzburg in die Regierung. Dabei arbeitet die Partei mit den unterschiedlichsten Regierungspartnern zusammen. In Kärnten regiert die „Kenia“-Koalition – Rot, Schwarz, Grün. In Salzburg wagten die Grünen ein Experiment – eine Dreierkoalition mit der ÖVP und dem Team Stronach.

Auf bundespolitischer Ebene
blieben die Grünen bei der Nationalratswahl 2013 mit 12,4Prozent hinter den Erwartungen. Die EU-Wahl im heurigen Mai wurde hingegen zum bislang größten Erfolg (14,5 Prozent). In Wien, Tirol und Vorarlberg landeten die Grünen auf Platz zwei. Das stimmt die Partei zuversichtlich, nach der Vorarlberg-Wahl im September auch der dortigen Landesregierung anzugehören.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2014)

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