Analyse: Der Hypo-Minister, der über die Steuern stolperte

Spindelegger bei einer Pressekonferenz zum Thema Hypo.
Spindelegger bei einer Pressekonferenz zum Thema Hypo.(c) APA (Georg Hochmuth)
  • Drucken

Die Hypo-Affäre hat Finanzminister Michael Spindelegger wenigstens angepackt. Gescheitert ist er an der Angst vor den Ländern.

Wien. Was bleibt vom Finanzminister Michael Spindelegger? Viel Zeit hatte er ja nicht, die Wirtschaft zu „entfesseln“ und die Steuern zu senken, wie er vorab versprochen hatte: Nicht einmal neun Monate dauerte es von der Angelobung als Finanzminister bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er den Laden entnervt hinschmiss.

Am ehesten wird er noch als der Finanzminister in die Wirtschaftsgeschichte des Landes eingehen, der eine Lösung für die Hypo Alpe Adria-Misere zumindest versucht hat. Seine Vorgängerin Maria Fekter hatte sich in dieser Frage ja durch (für die Steuerzahler letztendlich milliardenteure) Untätigkeit (oder, besser gesagt, durch Scheinaktivitäten) ausgezeichnet. Dass bei der jetzt getroffenen Hypo-Lösung die Steuerzahler auf dem größten Teil der Hypo-Miesen sitzen bleiben und die Hypo-Gläubiger selbst großteils ungeschoren davonkommen, ist nicht schön, aber Spindelegger hat die Sache wenigstens angepackt.

Anders sieht es beim großen Projekt Steuerreform aus: Da hat sich der Mann, hinter dessen Funktionensammlung (Parteichef, Vizekanzler und Finanzminister) man eigentlich eine ausgesprochene Machtballung vermuten würde, nicht einmal in der eigenen Partei durchgesetzt. Dabei hatte er in der Sache recht: Eine Steuersenkung auf Pump ist bei einer Staatsschuldenquote jenseits der 80 Prozent nur akzeptabel, wenn gleichzeitig Reformen mit Sparpotenzial angestoßen werden. Und die vom Koalitionspartner SPÖ und den Gewerkschaften (auch den ÖVP-nahen) so herbeigesehnte Millionärssteuer wird entweder nichts bringen, oder zur breit angelegten Häuselbauersteuer mutieren. Genau das ist ja auch in der ÖVP offenbar angedacht: Wie es aussieht, wird der Kompromiss mit der SPÖ wohl so aussehen, dass man die Grundsteuer erhöht – und so selbst Mieter noch zur Kasse bittet.

Dass Spindelegger da nicht mitspielen wollte, ehrt ihn. Der Hauptgrund für das Scheitern als Finanzminister dürfte aber wohl in der föderalistischen Struktur des Staates liegen: Gegen die Länder kommt kein Bundesminister an. Und die sind für echte Reformen derzeit nicht zu haben.

Ein schönes Beispiel, wie die Machtverhältnisse liegen, lieferte ein „Presse“-Gespräch mit Spindelegger zu dessen Amtsantritt im Finanzministerium: Auf die Frage, wieso er den Ländern nicht endlich, was ihm ausdrücklich zusteht, eine einheitliche „Bilanzierung“ ihrer Finanzen vorschreibt (und diese damit transparent macht), meinte Spindelegger, er wolle und könne über die Länder (die in dieser Frage in der dafür geschaffenen „Heiligenbluter Kommission“ seit 40 Jahren keinen Millimeter weitergekommen sind) nicht „drüberfahren“.

Mit dieser Einstellung wären die (für das Gelingen der Budgetsanierung entscheidenden) nächsten Finanzausgleichsverhandlungen wohl auch (wie gewohnt) mit einem 9:0 Kantersieg für die Länder ausgegangen. An dieser Länderphalanx wird sich aber auch Spindeleggers Nachfolger die Zähne ausbeißen. Der Amtssitz in der Johannesgasse 5 hat einfach einen Schleudersitz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

PRESSEFR�HST�CK MIT FINANZMINISTER HANS J�RG SCHELLING
Innenpolitik

Steuerreform hängt noch in der Luft

Finanzminister Schelling plant Einschnitte bei Förderungen und nimmt die Länder bei der Verwaltung in die Pflicht. Ab wann die Steuerreform kommt, lässt er offen.
Kommentare

Verpackungsgenie Schelling

Ja, die Konjunktur, die muss natürlich schon mitspielen – wenngleich, zuletzt hat sie sich leider eingetrübt. Und die Verhandlungen über Einsparungen sind auch noch abzuwarten.
Innenpolitik

Expertenvorschläge bis Jänner

Zwei Arbeitsgruppen sollen bis Ende 2014 der Regierung ein neues Steuer- und Verwaltungskonzept vorlegen. Ein Überblick.
Schelling
Politik

Schelling: Steuerreform 2015 "theoretisch möglich"

Wenn es eine entsprechende Gegenfinanzierung gebe, sei eine Entlastung im kommenden Jahr machbar, sagt der neue Finanzminister.
Aiginger
Politik

WIFO-Chef: Mit Schelling kann "Vertrauen entstehen"

Wifo-Chef Karl Aiginger setzt auf die Entschlossenheit des neuen Finanzministers und hofft auf eine rasche Entlastung der niedrigen Einkommen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.