Das Staatsoberhaupt sieht in der nun bevorstehenden Umbildung der Regierungsteams von SPÖ und ÖVP die Chance des „Atemschöpfens“.
Wien. „Kompetent“, „kommunikationsfähig“, „konstruktiv“: Diese Eigenschaften werden dem designierten ÖVP-Bundeschef Reinhold Mitterlehner zugeschrieben – nicht von einem Parteifreund, sondern vom Bundespräsidenten höchstselbst. Heinz Fischer ist offenbar sehr zufrieden mit der Personalrochade an der Spitze der ÖVP.
Er habe „viele gute Seiten“ des künftigen Vizekanzlers kennengelernt, wie es der Bundespräsident formulierte. In der aktuellen politischen Situation sieht er laut eigenen Angaben „keine Unruhe“. Im Gegenteil: Der Bundespräsident erhofft sich mehr Stabilität für die Zukunft der Regierung. „Das ist ein Atemschöpfen, ein Sich-Erneuern“, wie er den Prozess am Mittwoch interpretierte, am Tag eins nach dem nicht nur parteiintern überraschenden Rücktritt Michael Spindeleggers auch vom Amt des Finanzministers.
Fischer am Mittwoch wörtlich weiter zum innenpolitischen Fahrplan: „Ich denke, dass am Montag nach wie vor der Termin sein wird, an dem eine größere Umbildung der Bundesregierung vor sich geht, weil es sowohl auf SPÖ-Seite als auch auf ÖVP-Seite neue Gesichter gibt.“ Gefährdend für das politische System seien die jüngsten Ereignisse nicht. Er sehe heute die Entwicklung der nächsten drei Jahre „positiver als vielleicht vor einer Woche“. Für von Oppositionsseite geforderte Neuwahlen gebe es keinen Anlass. Fischer: „Bei jeder Weggabelung nach Neuwahlen zu rufen ist nicht sehr konstruktiv.“
Lob aus der Hofburg gab es neben Mitterlehner auch für Spindelegger. Dieser habe an einem Punkt, an dem er zur Überzeugung gekommen sei, seine Auffassung nicht im erforderlichen Ausmaß durchsetzen zu können, einen klaren Schlussstrich gezogen. „Ich finde das ehrenvoll, wenn man da nicht herumlaviert und Schuldzuweisungen und Rückzugsgefechte abwickelt“, so Fischer.
Die „Tücken“ von Ämtern
Und er betätigte sich als Politikberater. Der Dreifachbelastung Spindeleggers als Vizekanzler, Finanzminister und Bundesparteiobmann sei er von Anfang an kritisch gegenübergestanden. Fischer: „Ich glaube – wenn ich das als Bundespräsident sagen darf –, dass die Kombination Parteiobmann und Finanzminister ihre Tücken hat.“ Dies heiße aber nicht, dass ein Parteiobmann nicht ein Ressort führen könne, schränkte er ein.
Gleichzeitig hat der Bundespräsident in seinen Amtsräumen am Mittwoch die künftigen neuen Minister auf SPÖ-Seite zu Informationsgesprächen getroffen: Alois Stöger, der aus dem Gesundheits- in das Infrastrukturressort wechselt, und die Gewerkschafterin und Ärztin Sabine Oberhauser, die Gesundheitsministerin wird.
Danach zeigte sich Stöger eher verschlossen. Er freue sich auf sein neues Amt und darüber, dass man ihm diese Aufgabe zutraue. Über Projekte im neuen Ressort wolle er erst nach der Amtsübernahme sprechen. Grundsätzlich meinte er, Mobilität als „Chancengleichheit und Freiheit“ herausheben zu wollen. Oberhauser bezeichnet er als ideale Nachfolgerin.
Sie selbst bekräftigte ihre Vorhaben nach dem Gespräch mit dem Bundespräsidenten: „Das Ziel, das über allem steht, ist, dass es ein solidarisches System bleiben muss.“ Oberhauser will nach eigenen Angaben erreichen, dass aus gesunden Kindern auch gesunde Erwachsene werden, wie die ausgebildete Kinderärztin sagte. Auch die Situation des Personals sei ihr ein Anliegen. Die Arbeit in der Regierung stelle sie sich wie sozialpartnerschaftliche Tätigkeit vor: „Es wird die eine Position und die andere Position geben, wir werden miteinander reden, aufeinander zugehen und Lösungen finden.“ (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2014)