Bauernbund-Chef Auer für Mitterlehner als Spitzenkandidat

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Bauernbund-Präsident Jakob Auer gibt der SPÖ Mitschuld an der Krise der ÖVP. Pernkopf sei ministrabel.

Die Presse: Wird die ÖVP jetzt mit dem neuen Obmann, Reinhold Mitterlehner, auf den Populismuszug aufspringen, wie das Michael Spindelegger bei seinem Abgang ausgedrückt hat?

Jakob Auer: Auf keinen Fall. Reinhold Mitterlehner ist ein erfahrener Politiker, der aus der Wirtschaft kommt. Jeder weiß, dass man sich auf ihn verlassen kann.

Sind mit einem Obmannwechsel tatsächlich alle Probleme der ÖVP schon gelöst?

Mit Sicherheit wird nicht jedes Problem gelöst sein. Es liegt nicht nur allein am Obmann, wie es der ÖVP geht. Ich hoffe, dass sich dessen auch jene bewusst werden, die aus der ÖVP ständig in der Öffentlichkeit herummatschkern. Man kann nur mit Geschlossenheit etwas erreichen.

Wen meinen Sie denn mit jenen, die herummatschkern?

Vor allem die Herrschaften aus der Arbeiterkammer in Vorarlberg und Tirol tun sich besonders hervor. Ich behaupte, dass sie nicht so bedeutungsvoll sind, aber sie schreien halt besonders laut.

Zuletzt haben aber auch die Landeshauptleute von Tirol, Günther Platter, und Ihr oberösterreichischer Landsmann, Josef Pühringer, gematschkert, um in Ihrer Diktion zu bleiben.

Dass ein Landeshauptmann Kritik übt, gestehe ich ihm zu. Er muss als Landesparteiobmann das Recht haben, in der Diskussion dabei zu sein.

Was ist die wichtigste Aufgabe des neuen Parteichefs?

Da gebe ich ihm keine Ratschläge. Ratschläge sind auch Schläge.

Was erwarten Sie von Mitterlehner?

Ich fordere in der ÖVP mehr Geschlossenheit und von Mitterlehner mehr interne Kommunikation. Das war ein bisschen das Problem von Michael Spindelegger, die interne Kommunikation hat ein wenig gefehlt.

Erwarten Sie auch eine Änderung des Kurses in der zentralen Frage der Steuerreform?

Eine Änderung des Kurses ist undenkbar. Ich kann nicht vor der Wahl verkünden, gegen Steuererhöhungen zu sein, dann kommt ein neuer Obmann, und der fällt um.

Sie spielen auf die von der SPÖ verlangte Reichensteuer an. Ich denke allerdings eher an den Zeitpunkt einer Steuerentlastung.

Dass eine Steuerreform möglichst bald beschlossen werden soll, steht außer Streit. Es ist ein Märchen, der SPÖ zu sagen, dass man mit einer Millionärssteuer eine Steuerreform finanzieren kann. Entweder können die Herrschaften nicht rechnen, oder sie träumen.

Wer soll Finanzminister werden?

Es gibt ein Reihe von geeigneten Persönlichkeiten.

Sollte jemand aus dem Bauernbund zum Zug kommen?

Der Bauernbund hat wesentlich dazu beigetragen, dass die EU-Wahl so ausgegangen ist (die ÖVP blieb trotz Verlusten die Nummer eins; Anm.). Reinhold Mitterlehner kommt aus einer bäuerlichen Region im Mühlviertel, und daher wird er sicher wissen, was notwendig ist. Ich fordere nichts in der Öffentlichkeit. Derartige Dinge werde ich mit ihm besprechen.

Ist der niederösterreichische Landesrat, Stephan Pernkopf, ein geeigneter Mann?

Er ist sicher ein exzellenter Fachmann.

Ist er ministrabel?

Auch ministrabel.

Reinhold Mitterlehner gilt als ausgewiesener Großkoalitionär...

Wir sind in einer Großen Koalition und haben den Auftrag der Wähler zur Zusammenarbeit. Ich stehe zur Großen Koalition, wenn man uns nicht ständig Prügel vor die Füße wirft.

Wen meinen Sie damit?

Ein gewisser Teil der Schuld daran, dass die ÖVP in Schwierigkeiten ist, liegt beim Koalitionspartner. Wenn man das, was vereinbart worden ist, nicht einhält, muss man sagen: Überlegt euch das.

Das klingt fast schon nach einer Neuwahldrohung.

Davon halte ich überhaupt nichts. Bei Neuwahlen würde uns der Wähler die Rote Karte zeigen.

Apropos Wahl: Soll der neue Obmann auch Spitzenkandidat werden?

Ich bin ein absoluter Verfechter dessen, dass es zu keiner Trennung kommt.

Dass also Reinhold Mitterlehner die ÖVP in die nächste Wahl führt.

Selbstverständlich.

ZUR PERSON

Jakob Auer wird in wenigen Tagen 66 Jahre alt und ist einer der dienstältesten Abgeordneten im Parlament. Der gebürtige Tiroler und Landwirt sitzt bereits seit Mai 1983 im Nationalrat. Mitte November 2011 folgte Auer Fritz Grillitsch als Präsident des Bauernbundes nach. Außerdem ist er seit dem Jahr 2004 Aufsichtsratschef bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Von 1977 bis 2009 war Auer außerdem Bürgermeister der oberösterreichischen Gemeinde Fischlham.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2014)

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